Generalmajor Emil Sommer
Porträt des Jahrgangspatrons
Emil Sommer wurde als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns am 19. November 1869 in Dorna-Watra in der Bukowina – heute Vatra Dornei im Nordosten Rumäniens - geboren.
Nach dem Besuch des Gymnasiums meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger für den Militärdienst, den er im Jahr 1889 beim k.u.k. Infanterieregiment Nr. 30 in Lemberg antrat. Nach einem Jahr wurde er zum Leutnant der Reserve ernannt und wechselte wieder ins Zivilleben wo er den Beruf als Bankbeamter ausübte.
Gegen den Wunsch seines Vaters entschloss sich Emil Sommer Berufsoffizier zu werden, holte dazu die erforderlichen Kurse an der Infanteriekadettenschule in Budapest nach und trat im Jahr 1895 ins k.u.k. Infanterieregiment Nr. 6 (Neusatz, heute Novi Sad, Serbien) ein. Später diente er im k.u.k. Infanterieregiment Nr. 50 in Karlsburg (heute Alba Iulja in Rumänien), ehe er 1908 als Oberleutnant zum k.u.k. Infanterieregiment Nr. 24 nach Wien versetzt wurde.
In einer Qualifikationsliste aus dem Jahr 1908 wird er wie folgt beschrieben:
"Er beurteilt taktische Situationen richtig und zeigt Pflichtgefühl und Interesse für den Dienst. Er führt und instruiert eine Kompanie in allen Lagen mit Verständnis und Geschick. Er ist ein guter Kamerad mit sehr guten Umgangsformen und bewegt sich in bester Gesellschaft. Er wirkt auf Untergebene sehr gut ein und sorgt sich um deren Wohl, besitzt daher deren Vertrauen. Er ist dienstfordernd." (1)
Erster Weltkrieg
Mit dem k.u.k. Infanterieregiment Nr. 24 zog Emil Sommer als Hauptmann und Kompaniekommandant 1914 in den Ersten Weltkrieg. Eingesetzt an der russischen Front war er zunächst bei den Kämpfen rund um die Festung Przemysl im Einsatz.
Anfang April 1915 erlitt er als Kommandant des II. Bataillons des k.u.k. Infanterieregimentes Nr. 24 in der Winterschlacht in den Karpaten eine schwere Verwundung und geriet in russische Gefangenschaft.
Der Waffenstillstand mit der neuen Regierung in Russland im Dezember 1917 brachte vielen Kriegsgefangenen die Freiheit zurück. So war auch Emil Sommer mit 2. Jänner 1918 wieder in seiner Heimat. Gleichzeitig wurde er nachträglich mit Wirkung vom 1. Februar 1916 zum Major befördert.
Ab Februar 1918 diente er auf dem italienischen Kriegsschauplatz in den k.u.k. Infanterieregimentern Nr. 3, 20 und 100 und zeichnete sich als Regimentskommandant bei der Piave-Offensive im Juni 1918 aus. Ab 1. Mai 1918 trug er den Dienstgrad Oberstleutnant.
Erhaltene Auszeichnungen:
- Orden der Eisernen Krone III. Klasse mit Schwertern und mit der Kriegsdekoration
- Österreichisches Militärverdienstkreuz III. Klasse mit Schwertern und mit der Kriegsdekoration
- Karl-Truppenkreuz
- Verwundetenmedaille
Volkswehr und Bundesheer
Ab 1. Dezember 1918 stand Emil Sommer dem Volkswehrbataillon Wiener Neustadt-Land vor. Obwohl mit 1. März 1919 pensioniert, war er weiterhin für das Amt für Heerwesen tätig und arbeitete ua. in einer Heimkehrer-Zerstreuungs-Station in Wiener Neustadt.
Am 1. September 1920 trat er in das Bundesheer ein und wurde Kommandant des in der Wiener Albrechtskaserne stationierten II. Bataillons des Infanterieregimentes 5. Am 1. Jänner 1921 wurde er zum Oberst befördert.
Als Oberst und Bataillonskommandant hatte er bei der Landnahme des Burgenlandes im Gefecht von Kirchschlag zu bestehen. Auszeichnungen hatte das junge Bundesheer noch keine, so wurde Emil Sommer für seinen Erfolg erst später die ihm zustehende Ehre zuteil.
Mit 1. Jänner 1923 trat Oberst Sommer in den Ruhestand. Mit Wirksamkeit vom 15. Oktober 1924 wurde ihm für seine erfolgreiche Einsatzführung beim Gefecht um Kirchschlag ehrenhalber der Titel Generalmajor verliehen.
Im Kampf gegen den Nationalsozialismus
Im August 1932 wurde Emil Sommer zum Bundesführer des "Bundes Jüdischer Frontsoldaten" gewählt. In dieser Funktion trat er gegen den stark wachsenden Antisemitismus auf.
Bildete bislang Emil Sommer´s Zugehörigkeit zur jüdischen Glaubensgemeinschaft keinen Nachteil in seinem Leben, so endete sich dies mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im März 1938.
„Er wurde genau wie alle anderen Juden zum Untermenschen degradiert, mit dem Judenstern entwürdigt, seiner bürgerlichen Rechte, seines Vermögens und Einkommens beraubt, aus der Wohnung geworfen und samt seiner Frau in eine Absteige in die Wiener Leopoldstadt verbannt. Da er immerhin General war, musste man ihn auf die „Schutzliste“ setzen, das heißt, er sollte bis auf weiteres nicht in ein Konzentrationslager deportiert werden. Aber gerade weil er mit seiner ungebeugten Hünengestalt als bildhafter Typus des alten Frontoffiziers und als lebendiger Gegenbeweis gegen den Rassenstumpfsinn durch die Wiener Straßen wandelte, stachelte er den besonderen Hass der braunen Machthaber an.“ (2)
Wenn auch durch Emil Sommer selber nie bestätigt, so wird ihm folgendes Ereignis zugeschrieben:
"Wenige Tage nach dem „Anschluss“ hatte Emil Sommer in einer aufsehenerregenden Aktion die Nationalsozialisten blamiert, als sie ihn gemeinsam mit anderen Juden zwingen wollten, in erniedrigender Weise die Straße mit Scheuerbürsten zu säubern. Er fragte, ob er, bevor er seine Arbeit beginne, sich noch schnell umziehen dürfe und erschien dann, nachdem er die Erlaubnis erhalten hatte, in voller Generalsuniform mit allen Orden und Ehrenzeichen mit den Worten: „Bitte meine Herren, gehen wir!“ Daraufhin ließ man ihn beschämt seines Weges ziehen.“ (3)
Nachdem Sommer bereits in den Jahren 1938, 1939 und 1942 jeweils mehrere Monate inhaftiert war, wurden er und seine Frau am 10. September 1942 wegen des Vorwurfs staatsfeindlicher Aktivitäten ein weiteres Mal verhaften und ins KZ Theresienstadt gebracht. Auf Grund seines Dienstgrades und seiner Bekanntheit wurde ihm dort der "Prominentenstatus" zugesprochen, was ihm ein bevorzugte Behandlung sicherte und somit vermutlich auch das Überleben.
Nach der Befreiung des KZ Theresienstadt durch die Rote Armee am 8. Mai 1945 konnte das Ehepaar Sommer im Juni 1945 nach Wien zurückkehren. Ihre beiden Kinder entkamen durch Emigration der Verfolgung durch die Nationalsozialisten.
Führungspersönlichkeit
Generalmajor Emil Sommer verstarb am 10. April 1947 während einer Besuchsreise in den USA an einem Gehirnschlag. Er wurde am 31. August 1947 am jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofes unter Anwesenheit hoher Vertreter der Bundesregierung und der israelitischen Kultusgemeinde bestattet.
"Generalmajor Emil Sommer ist der Inbegriff des pflichtbewussten, opferbereiten Offiziers, kurzum einer Führungspersönlichkeit moderner Prägung. Sein persönliches Engagement, sein „Führen von vorne“, sein Credo, „niemals aufzugeben“ und sein „persönliches Vorbild“ sind Tugenden, die auch heute noch absolute Aktualität besitzen. Sein Schicksal aber soll als Mahnung gelten, damit sich derartige dunkle Zeiten in Europa und auf der Welt nie mehr wiederholen können." (4)
Verfasser
Oberst Thomas Lampersberger
Quellen:
- (1) Österreichsiches Staatsarchiv/Kriegsarchiv, Qualifikationsliste Emil Sommer
- (2), (3), (4) http://stolpersteine-wienerneustadt.at/wp-content/uploads/2016/12/EZ-2016-12-Emil-Sommer.pdf
- Martin Senekowitsch, Emil Sommer - Ein Monarchist, der für die Republik kämpfte, in: Burgenland schreibt Geschichte, 1921-2021, Band 1, Eisenstadt 2021
- https://www.biographien.ac.at/oebl_12/412.pdf