Die Besatzung des am 4. April 1918 in der nördlichen Adria gesunkenen "Seiner Majestäts Unterseebootes 20" fand am Akademiefriedhof ihre letzte Ruhestätte.
An der am 20. Juni 1964 eingeweihten Grabstätte nagte jedoch bereits der Zahn der Zeit und sie war unansehnlich geworden. Deshalb wurde im Herbst 2023 beginnend eine Restaurierung durchgeführt, deren erster Teil nun abgeschlossen werden konnte. Es wurden die Sträucher entfernt und die Erde ausgetauscht, der Stein gereinigt sowie die Grabplatte gesäubert und neu brüniert.
Im Frühjahr werden noch der Einbau eines Bewässerungssystems, das Setzen von Grünpflanzen sowie das Aufbringen von neuem Kies erfolgen. Dann wird das Grab am Akademiefriedhof wieder einen würdevollen Ort bilden.
S.M. U 20
„Seiner Majestäts Unterseeboot 20“ lief am 18. September 1916 im Seearsenal von Pola vom Stapel. Es war ein U-Boot der „Havmanden“-Klasse.
„Havmanden“-Klasse
In den Jahren von 1911 bis 1914 wurde von der Whitehead-Werft in Fiume ein neuer U-Boot-Typ für die dänische Marine entwickelt und in einer Anzahl von sechs Stück gebaut – die „Havmanden“-Klasse.
Da bei Ausbruch des Krieges im August 1914 nur ein geringer Bestand an U-Booten vorhanden und nicht ausreichend Zeit vorhanden war einen neuen Bootstyp für die k.u.k. Kriegsmarine zu entwickeln wurde auf die Pläne bereits realisierter Projekte zurückgegriffen. Im März 1915 wurden deshalb vier Boote (U 20 bis U 23) der „Havmanden“-Klasse bestellt. Da deren Konstruktionspläne jedoch auf das Jahr 1910 zurückgingen, galten die Boote aufgrund der rasanten technischen Entwicklung in dieser Zeit bei der Indienststellung bereits als veraltet.
Die Kiellegung des Bootes erst am 29. September 1915 hatte seine Ursache im Umstand, dass die ungarische Regierung die Auftragsvergabe beeinspruchte, weil sie darauf bestand, dass zwei der Boote von einer ungarischen Werft gebaut werden. So wurden letztendlich U 20 and U 21 durch das Seearsenal Pola und U 22 and U 23 von der „Ungarische Unterseebootsbau AG“ in Fiume gebaut.
„S.M. U 20“ hatte eine Länge von 38,76 m, eine Breite von 3,97 m und einen Tiefgang von 2,75 m. Für den Antrieb des U-Bootes über Wasser sorgte ein 6-Zylinder-Dieselmotor mit 450 PS, der eine Geschwindigkeit von 13,2 Knoten (etwa 24 km/h) ermöglichte. Für die Tauchfahrt wurde ein Elektromotor mit 300 PS verwendet, der dem Boot eine Geschwindigkeit von 9 Knoten (etwa 17 km/h) verlieh. Bewaffnet war „S.M. U 20“ mit einer 7 cm-Kanone, einem 8 mm-Maschinengewehr und zwei Bugtorpedorohren vom Kaliber 45 cm. An Bord mitgeführt werden konnten 4 Torpedos. Die Besatzung bestand aus 3 Offizieren und 15 Mann.
Im Einsatz
Die Indienststellung von „S.M. U 20“ erfolgte am 20. Oktober 1917. Der Heimathafen war zunächst Pula und ab Februar 1918 Triest. Von dort aus führte „S.M. U 20“ im Jahr 1918 mehrere Einsätze in der nördlichen Adria durch, ohne dabei einen Torpedo abzufeuern.
Die letzte Fahrt
Am 3. Juli 1918 verließ „S.M. U 20“ unter dem Kommando von Linienschiffsleutnant Ludwig Müller mit insgesamt 18 Mann an Bord zum letzten Mal seinen Hafen und brach zu einer Patrouillenfahrt auf. Am Abend des 4. Juli 1918 wurde das österreichische U-Boot um 21.15 Uhr vor Grado vom italienischen U-Boot „F12“ gesichtet. Das gegnerische Boot erschien zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn „S.M. U 20“ lud gerade seine Akkumulatoren auf. Das Vorhandensein nur einer einzigen Maschine hatte zur Folge, dass der Ladevorgang nur bei Stillstehenden Boot möglich war. „U 20“ war deshalb ein leichtes Ziel.
Kurz nach 22:30 Uhr war „F12“ in Position. Im Gegenlicht des Mondes tauchte es um 22.43 Uhr, etwa 600 m von „S.M. U 20“ entfernt, auf und feuerte einen Torpedo ab. Dieser traf „U 20“ im vorderen Drittel des Rumpfes, detonierte und riss den Schiffskörper auf. Kurze Zeit später lag das Schiff auf der Position 45°29′ N 13°05′ E auf dem Grund der Adria und wurde zum stählernen Grab für seine Besatzung.
Bergung
„S.M. U 20“ wurde in den darauffolgenden Jahrzehnten zu einem Ärgernis für die italienischen Fischer. Diese beklagten sich, dass ihre Netze an dem am Meeresgrund liegende Wrack hängen bleiben und dadurch zerrissen werden würden. Schließlich wurde die Firma „Sponza & Zuberti“ aus Grado mit der Bergung des Wracks beauftragt. Da der Schiffskörper beim Hebeversuch auseinanderbrach musste die Bergung in zwei Teilen erfolgen. Am 21. Juli 1962 wurde der Hauptteil des Schiffes, in dem sich auch die Besatzung und der Turm befanden, gehoben; der Vorderteil jedoch drei Monate später, am 3. Oktober 1962.
Beisetzung
Die sterblichen Überreste von zwölf Besatzungsmitgliedern, die in dem Wrack gefunden wurden, wurden in zwölf Särge gebettet und zuerst nach Redipuglia, der größten italienischen Gedenkstätte zu Ehren der Toten des Ersten Weltkrieges, gebracht, wo eine Aufbahrungsfeier der italienischen Marine stattfand. Danach wurden sie zum Grenzübergang Thörl-Maglern transportiert. Nach der feierlichen Übernahme wurden die etwa 50 cm langen Särge auf zwölf Steyr-Puch „Haflinger“ umgeladen und nach Wiener Neustadt überführt.
Am 10. August 1962, wurde die Besatzung von „S.M. U 20“ nach einer Aufbahrung in der St. Georgs-Kathedrale am Akademiefriedhof mit militärischen Ehren beigesetzt.
Radioreportage von der Beisetzung der Besatzung
Bei der Bergung des Vorderteiles des U-Bootes wurden die Körper weiterer Beatzungsmitglieder gefunden. Diese wurden ebenfalls nach Österreich überführt und am 29. März 1963 zu ihren Kameraden am Akademiefriedhof zugebettet.
Liste der Besatzungsmitglieder
Kommandant: Linienschiffsleutnant* | Ludwig Müller |
Fregattenleutnant** | Zdenko Belsky |
Fregattenleutnant** | Johann Sentner |
Elektroquartiermeister | Franz Cerny |
Maschinenquartiermeister | Josef Fahrenberger |
Matrose 1. Klasse Minenvormann | Josef Koč |
Maschinengast | Kurt Kretschmer |
Küchenmatrose | Ludwig Langhans |
Quartiermeister Torpedoinstruktor | Franz Miheva |
Maschinenquartiermeister | Gerö Pajor |
Elektromaat | Norbert Retuhsnig |
Bootsmannsmaat Telegraphist | Fritz Schmidt |
Bootsmannsmaat Torpedoinstruktor | Anton Slosu |
Elektroquartiermeister | Lothar Souschek |
Bootsmannsmaat Torpedomeister | Johann Swoboda |
Maschinenmaat | Rudolf Tomay |
Matrose 2. Klasse Torpedovormann | Franz Wildner |
Maschinenmaat | Karl Witt |
*entspricht: Hauptmann **entspricht: Oberleutnant
"S.M. U 20" im Museum
Die Reste von „S.M. U 20“ wurden an die Küste befördert und mit Ausnahme der Turmsektion verschrottet. Diese wurde nach Österreich transportiert und dem Heeresgeschichtlichen Museum übergeben, wo sie im Marinesaal ebenso wie gefundene persönliche Gegenstände der Schiffsbesatzung wie Bücher, Schuhe, Münzen etc. sowie ein Anker und Marinedienstbücher, zu sehen ist. Der Rest wurde verschrottet.
Verfasser
Oberst Thomas Lampersberger
Quellen
- https://www.truppendienst.com/themen/beitraege/artikel/relikte-einer-seemacht
- https://de.wikipedia.org/wiki/S.M._Unterseeboote
- https://en.wikipedia.org/wiki/Havmanden-class_submarine_(1911)
- https://dubm.de/klasse-u-20/
- Waldimir Aichelburg, k.u.k. Flotte 1900 – 1918, Wien 1998