Mit ihrer über 800 Jahre langen Geschichte zeugt die Burg von Wiener Neustadt von vielen historischen Ereignissen aus der Geschichte Österreichs. Errichtet als Festung, stieg sie auf zur Kaiserresidenz. Sie ist die Geburtsstätte von Kaiser Maximilian I. und birgt auch dessen Grab. Seit 1752 ist die Burg Heimat der ältesten Militärakademie der Welt.
Gründung der Stadt Wiener Neustadt
Durch die Georgenberger Handfeste – ein Erbschaftsvertrag - war das Herzogtum Steiermark im Jahr 1192 an die Babenberger gefallen. Diese beabsichtigten mit der Errichtung einer befestigten Stadt die gemeinsame Grenze der beiden Herzogtümer gegen das ungarische Königreich zu sichern. Das Lösegeld, das Herzog Leopold V. für den englischen König Richard Löwenherz erhalten hatte, brachte das notwendige Kapital, um die Neustadt (Nova Civitas) zu bauen. Der Namenszusatz „Wiener“ setzte sich zur besseren Unterscheidung zu anderen Neugründungen erst im 17. Jahrhundert durch. Der Beschluss zur Stadtgründung wurde auf einem Taiding (einer Versammlung der Ministerialen) in Fischau im Jahr 1194 gefasst. Durch Verleihung wichtiger Privilegien gedieh die neue Stadt ausgezeichnet. Schon um das Jahr 1200 wurde mit dem Bau der spätromanischen Pfarrkirche „Zu unserer Lieben Frau“, dem heutigen Wiener Neustädter Dom, begonnen.
Errichtung der Burg
In der Zeit der Regentschaft Herzog Friedrich II., der Streitbare, (1230 - 1246) wurde an der Südost-Ecke der Stadt eine Zitadelle mit vier Türmen errichtet. Die erste urkundliche Erwähnung dieser Befestigungsanlage erfolgt im Jahr 1260.
Die Erdbeben in den Jahren 1348 und 1356 zerstören die Babenberger-Burg. Leopold III. von Habsburg lässt eine neue Burg errichten. Der noch erhaltene Schlußstein im ehemaligen Kapellengewölbe im Oststrakt zeigt die Jahreszahl 1379.
Ihre Blütezeit erleben die Stadt Wiener Neustadt und die Burg im 15. Jahrhundert, als sie Kaiser Friedrich III. viele Jahrzehnte hindurch als Residenz diente. In dieser Zeit entstanden auch die heutige St.-Georgs-Kathedrale und die Wappenwand. Die Burg sah im Wesentlichen schon damals aus wie heute, hatte allerdings vier Ecktürme. 1529 entstanden an der Burg durch die Türkenbelagerung schwere Schäden. 1608 und 1616 verwüsteten Brände die Burg.
Neue Bestimmung
Am 14. Dezember 1751 wurde die Burg ihrer heutigen Bestimmung zugeführt. Kaiserin Maria Theresia bestimmte die Burg als Ort für das von ihr gegründete "adelige Kadettenhaus". Dieses war vorgesehen für 200 Offizierskadetten, davon 100 Adelige und 100 Söhne von verdienten Offizieren. Nach Adaptierungsarbeiten konnten am 1. November 1752 die ersten 191 Zöglinge in die neue Ausbildungsstätte einziehen. 1768 wurde die Burg durch ein Erdbeben schwer beschädigt. Sie wurde dann nach den Plänen des Baumeisters Nikolaus Pacassi den Bedürfnissen einer zeitgemäßen Ausbildungsstätte entsprechend umgebaut.
Zerstörung im 2. Weltkrieg
Der Zustand der Burg blieb von 1777 bis 1945 praktisch unverändert. Es wurden nur unbedeutende Adaptierungen, An- und Umbauten und Verbesserungen vorgenommen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Burg allerdings durch Bomben, Brände und Plünderungen völlig zerstört.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 kam es in Wiener Neustadt zu einer Konzentration kriegswichtiger Industrie. Die „Wiener Neustädter Flugzeugwerke“ lieferten 1940 bereits ein Viertel der Gesamtproduktion der Messerschmitt Bf 109 - Jagdflugzeuge, und in den Anlagen der etablierten ehemaligen Wiener Neustädter Lokomotivfabrik „Rax-Werke“ wurden nicht nur Lokomotivtender gebaut, sondern hier ist 1943 auch mit der Montage von V2-Raketen begonnen worden. All dies führte dazu, dass Wiener Neustadt im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig durch Bomben zerstört wurde: Rund 50.000 Bomben legten die Stadt und die Burg in Schutt und Asche.
Im Zuge der Kämpfe um die Stadt Wiener Neustadt Anfang April 1945 geriet die Burg in Brand und brannte fast restlos aus - übrig blieb eine Ruine.
Wiederaufbau
Beim Wiederaufbau in den Jahren 1946 bis 1959 wurde die historische Form wiederhergestellt. Soweit möglich wurden die alten Mauern belassen, die Raumaufteilung im Inneren wurde natürlich durch Einziehung von Zwischenwänden und -decken ebenso wie die Innenausstattung den modernen Gegebenheiten angepasst. Im Dezember 1958 konnte die Militärakademie den Ausbildungsbetrieb in der Burg wiede aufnehmen.