Geopolitisches Symposium 2022
Im Zeitraum 14. November bis 18. November 2022 wurde erstmals an der Theresianischen Militärakademie zu einem „Geopolitisches Symposium“ eingeladen. Unter der Leitung von Oberst der höheren militärischen Fachdiensten Sen.Lect.(FH) Dr. Norbert Lacher wurde zum Thema "Die Rückkehr des Drachen - Chinas Einfluss auf die Machtkonstellation im 21. Jahrhundert" diskutiert.
The Chinese Dream
Im Lichte einer Weltordnung im Umbruch und auf der Suche nach einer Neuausrichtung ist es von geopolitischer Bedeutung, Stellung, Reichweite und Kapazitäten, aber auch deren Herausforderungen und Einschränkungen möglicher zukünftiger globale Akteure zu analysieren, im Besonderen jener der Volksrepublik China.
Es ist einzigartig in der Geschichte, dass eine ehemalige Weltmacht zurückkehrt und ihren angestammten Platz auf der Weltbühne einfordert.
Wenn man von China spricht, so muss stets bedacht werden, dass wir hier von einem Akteur sprechen mit vier Jahrtausende Geschichte, der zwei Jahrtausende eine Weltmacht war, 100 Jahre der Demütigung und der ungleichen Verträge erdulden musste und sich seit knapp 50 Jahre auf dem Weg zurück an die Weltspitze befindet.
Eingeleitet vom klugen Pragmatiker Deng Xiaoping 1978, ist die Volksrepublik unter der heutigen Führung des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei und Staatspräsident Xi Jinping auf dem Weg zurück an die Weltspitze. Seine Vorgabe – „The Chinese Dream“ – die große nationale Wiedergeburt, das nationale Bestreben, die VR China wieder zu einer Position der Stärke, des Wohlstands und der Führung auf der Weltbühne zu führen!
Mit der „Belt and Road Initiative“ hat Präsident Xi schließlich am 14. Mai 2017 in Peking eine Vision von einer neuen Seidenstraße der Weltöffentlichkeit präsentiert, mit deren Hilfe dieser chinesische Traum verwirklicht werden soll. „Wir wollen die Seidenstraßeninitiative vorantreiben, so dass die Menschen auf der ganzen Welt davon profitieren, wir wollen eine Straße des Friedens schaffen“, so seine Botschaft an die anwesenden Vertreter aus 110 Ländern.
Mittlerweile konnte festgestellt werden, dass das Projekt „One Belt, One Road“ offensichtlich der wesentliche Teil der chinesischen „Great Power Diplomacy“ ist. Ziel des Projekts ist es, mit einer infrastrukturellen Charmeoffensive im Indopazifik, dem Mittleren Osten, Afrika, Zentral Asien und Lateinamerika Fuß zu fassen, den Hegemon, die Vereinigten Staaten von Amerika, zu schwächen und ihn Schritt für Schritt, vorerst regional, letztlich aber global zu verdrängen.
Wie weit dieses Vorhaben vorangeschritten ist und welchen Einfluss die Volksrepublik damit auf die Machtkonstellation im 21. Jahrhundert mittlerweile ausübt, war jene Frage, der sich das Geopolitische Symposium widmete.
Anerkannten Expertinnen und Experten aus Österreich und der Bundesrepublik Deutschland machten sich daher auf die Suche nach Chinas Einfluss in den oben angesprochenen Regionen dieser Erde, um schließlich Chinas Intentionen auch in den unendlichen Weiten der 4. Dimension zu ergründen. Die dabei im wissenschaftlichen Diskurs erarbeiteten Erkenntnisse wurden in der Folge den 40 Teilnehmern des „Seminar Geopolitik“, das in das Symposium integriert war, präsentiert und zum Diskurs gestellt.
Podiumsdiskussion
Den Höhepunkt des Symposiums bildete schließlich eine im Rahmen des Gesprächsformates "Perspektiven 21" von Dr. Arian Hamidi-Faal, Chef Außenpolitik des Cercle Diplomatique, moderierte Podiumsdiskussion mit Bundesminister a. D. und Präsident des AIES Dr. Werner Fasslabend, Ministerialrat a.D. Hans-Hermann Dube, langjähriger Regionalleiter der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) u. a. in Afghanistan, Pakistan, Indien und China sowie Univ.-Prof. Dr. Heinz Gärtner, einem der renommiertesten Politikwissenschaftler und Amerika-Kenner Österreichs.
Die Podiumsduskussion zum Nachsehen bietet eine Aufzeichnung.
Erkenntnisse
Ohne der noch zu erfolgenden Auswertung der Vorträge und Diskussionsergebnisse vorgreifen zu wollen, die als Publikation verfügbar gemacht werden wird, kann festgehalten werden, dass die VR China unter der Führung von Xi Jinping, der am 20. Parteitag der Kommunistischen Partei wider den bisherigen Gepflogenheiten nach der Ära Mao für eine 3. Amtsperiode wiedergewählt wurde, eine globale Führungsrolle anstrebt.
Inwieweit das gesteckte Ziel, 2049 die USA als die global führende Macht abzulösen, erreicht werden kann, ist derzeit nicht beantwortbar - zu unabsehbar ist das Spannungsfeld von globalem Machtanspruch und innerer Stabilität der Volksrepublik, Stichwort Zero-Covid Politik, Immobilien Krise, vor allem aber die demografische Entwicklung.
Dank
Abschließend und versehen mit einem herzlichen Dank für das enorme Engagement im Dienste des wissenschaftlichen Diskurses seien hier die Expertenteams und Einzelkämpfer des Symposiums kurz genannt:
Team 1 „Chinas Einfluss in Europa und der EU“
- Padraig Lysaght Bakk (phil.) MA, Konfuzius-Institut d. Universität Wien
- Gesandter MMag. gerhard Maynhardt, BMEIA
- PD Dr. phil.habil. Ole Döring, Hunan Normal University in Changsha/China, via Skype eingebunden
Team 2 „Afrika als Modellregion für Chinas Grand Strategy“
- Mag. Barbara Farkas, Sinologin und Asien-Analystin
- Dr. Doris Vogl, Sinologin und Politikwissenschaftlerin;
- Dr. Hartmut Klüver, Dozent für Geo- und Sicherheitspolitik an der Führungsakademie der Bundeswehr sowie Lehrbeauftragter für regionale Geographie und politische Geographie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Team 3 „Chinas Fokus Naher/Mittlerer Osten“
- Dr. Arian Hamidi-Faal im Gespräch mit
- Bundesminister a. D. Dr. Werner Fasslabend und
- S.E. Aftab Ahmad Khokher, Botschafter der Islamischen Republik Pakistan.
Die Einzelkämpfer
- MinR a.D. Hans-Herman Dube, „Afghanistans Zukunft und Chinas Interessen“;
- DI Dr. Norbert Frischauf, „Chinas Griff nach den Sternen“;
- PrivDoz. Dr. Alfred Gerstl, Universität Wien, „China und Chinas Einfluss im Indopazifik“;
- ObstdhmfD Sen.Lect.(FH) Dr. Norbert Lacher, „Die Belt and Road Initative – nächste Abzweigung Südpazifik“;
- Prof. Dr. Johannes Maerk, FH-Campus Wien, „Der wachsende Einfluss Chinas in Lateinamerika“;
- Univ.-Prof. i.R. Dr. Heinz Nissel, Universität Wien, „VR China versus Indien – zwischen Konfrontation, Konflikt und Kooperation“