Indien – Regionaler Akteur oder doch Global Player?
Das diesjährige sicherheitspolitische Fokusseminar am Institut für Offiziersweiterbildung widmete sich mit Indien einem Land, dessen Dimension und Stellenwert in der internationalen Völkergemeinschaft, vor allem in der europäischen und insbesondere in der österreichischen Öffentlichkeit, nur am Rande wahrgenommen wird.
So erhielten die aktuell abgehaltenen Parlamentswahlen kaum öffentliche Aufmerksamkeit. Selbst Medien berichteten nur spärlich über ein doch nicht unwesentliches Ereignis in der größten Demokratie der Welt, waren doch lediglich 900 Millionen Inderinnen und Inder aufgerufen, ihre Stimme abzugeben und darüber zu entscheiden, wer die Geschicke des Landes für die nächsten 5 Jahre lenken soll.
Grund genug also, diesem zentralen Akteur am Indischen Ozean mit seinen 1.350 Millionen Einwohnern und 3.3 Mio. km2 Fläche endlich jene Aufmerksamkeit zu schenken, die einem Akteur dieser Größe gebührt.
Gerade im Lichte einer Weltordnung im Umbruch und auf der Suche nach einer Neuausrichtung ist es von geopolitischer Bedeutung, Stellung, Reichweite und Kapazitäten, aber auch deren Herausforderungen und Einschränkungen möglicher zukünftiger globale Akteure zu analysieren.
So wurde im Rahmen des Seminars der Frage nachgegangen, wer oder was ist eigentlich Indien, welchen inneren wie äußeren Herausforderungen ist es ausgesetzt, wie ist es um die wirtschaftlichen Kapazitäten bestellt und welchen geopolitischen/geostrategischen Herausforderungen sieht sich Indien gegenüber, nicht zu Letzt seit sich die Volksrepublik China aufgemacht hat, mit der „Belt and Road Initiative“ das zukünftig globale Gefüge in seinem Sinne zu beeinflussen.
In Kooperation mit dem Austrian Institut für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES) konnte das Institut für Offiziersweiterbildung hierzu anerkannte Persönlichkeiten aus dem diplomatischen Dienst und sicherheitspolitische Experten als Gastreferenten gewinnen und den über 30 interessierten Seminarteilnehmern ein überaus spannendes und hochkarätiges Programm bieten.
Neben dem langjährigen österreichischen Botschafter in Indien und Thailand sowie Senior Advisor am AIES Botschafter i.R. Dr. Herbert Traxl, der langjährigen österreichischen Botschafterin in Pakistan Dr. Brigitta Blaha konnte der Seminarleiter Oberst Dr. Norbert Lacher mit Dr. Nikolaus Scholik, ein Kenner der maritimen Dimension des Indo-Pazifischen Raums, und Dr. Martin Pabst, selbständiger Politik- und Sicherheitsberater, einen ausgewiesenen Kenner der außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen Indiens begrüßen.
Mit Oberst Christian Wolf und seinem Beitrag zum Thema „Indien – militärische See- und Landmacht?!“ konnte auch auf eindrucksvolle Weise dargestellt werden, über welche Kompetenz die Theresianische Militärakademie auf dem Gebiet der Geopolitik/maritime Strategie verfügt.
Abschluss und Höhepunkt des Seminars bildete schließlich eine Podiumsdiskussion mit dem langjährigen Bundeminister für Landesverteidigung und Präsident des AIES Dr. Werner Fasslabend, der der Frage nachging, welchem geopolitischem Spannungsfeld Indien ausgesetzt ist.
Ohne der noch zu erfolgenden Auswertung der Vorträge und Diskussionsergebnisse vorgreifen zu wollen, die als Seminar-Summit verfügbar gemacht werden wird, kann festgehalten werden, dass Indien für sich die Position eines Globalen Akteurs beansprucht, aber auf Grund seiner geographischen Verortung im Indo-Pazifischen Raum, dem Spannungsfeld mit Pakistan und der VR China sowie der damit einhergehenden Anforderung, sowohl Landmacht als auch Seemacht sein zu müssen, diese Position derzeit aber nur äußerst bedingt erfüllen kann.