Mach er tüchtige Offiziere und rechtschaffene Männer daraus
Die Neuerungen in der Waffentechnik ab dem 16. Jahrhundert - z.B. die von Maximilian I. entwickelte Artillerie - aber noch viel mehr die veränderte Taktik der Infanterie machten die Entwicklung eines bis dahin unbekannten Führertyps, nämlich des modernen Offiziers, notwendig. Das, was denselben vom bisherigen mittelalterlichen Anführer und ritterlichen Vorkämpfer unterschied, war der Umstand, dass der neue Offizier sich nicht ausschließlich als Einzelkämpfer sondern nunmehr unter bewusster Zurückstellung dieses sich vor allem darauf zu konzentrieren hatte, die Wirkung und die Manövrierfähigkeit der von ihm geführten Truppe im Gefecht sicherzustellen.
Zu dieser Qualifikation als militärischer Führer kam im 17. Jahrhundert noch ein weiteres, sehr wesentliches Attribut: Das des Unternehmers. In den Inhabern kaiserlicher Regimenter tritt uns eine Offizierstyp entgegen, für den Kriegführer nicht nur eine Führungstätigkeit, sondern auch im wirtschaftlichen Sinne ein Unternehmen bedeutete, an dem er nach den Grundsätzen von Gewinn und Risiko beteiligt war.
Diese Rolle des Kriegsunternehmers und militärischen Führers wurde beinahe ausschließlich vom Adel ausgeübt, da nur dieser über das notwendige Kapital dafür verfügte und es einfach als eine Aufgabe des Adels gesehen wurde. Die Frage der Ausbildung trat vollkommen zurück. Erfahrung und "Fortune" wurden als für einen militärischen Führer ausreichend betrachtet. Das ging solange gut, als die Kriegführung diesen sozialen Gegebenheiten entsprach und keine andersartigen Forderungen stellte.
Bedarf an fachwissenschaftlicher Ausbildung
Mit Beginn des 18. Jahrhunderts änderte sich jedoch die Lage. Der mit immer raffinierteren Mitteln geführte Festungskrieg ließ sehr bald den Mangel an dafür geeigneten Fachleuten deutlich hervortreten. Der Klageruf Prinz Eugens über die katastrophale Lage des Ingenieurswesens und den Mangel an geeigneten Ingenieuroffizieren führte am 24. Dezember 1717 zur Gründung der "k.k. Ingenieurs-Akademie".
Das war aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Für Leopold Graf Daun, einem der engsten Berater der jungen Maria Theresia, war von vorneherein klar, dass man nicht nur für die Angehörigen der technischen Truppen, sondern natürlich auch für Offiziere der damaligen Hauptwaffen, der Infanterie und Kavallerie, eine einheitliche und fachwissenschaftliche Erziehung brauche.
Die katastrophale Situation der österreichischen Armee während des österreichischen Erbfolgekrieges hatte Maria Theresia bald davon überzeugt, dass nur eine totale Reform des Militärwesens einen Wandel zu Österreichs Gunsten herbeiführen könne. Einen Wandel, der nicht zuletzt darin bestehen musste, dass das auf einer Art des adeligen Kriegsunternehmertums beruhende Inhabersystem weitgehend zurückgedrängt und das Heerwesen verstaatlicht wurde.
Allerhöchste Entschließung
Zur Heranbildung der Offiziere sollte die Errichtung einer allgemeinen militärischen Lehranstalt dienen. Am 14. Dezember 1751 erging die entsprechende Bekanntmachung durch den Hofkriegsrat an die Landesgeneralkommanden. Darin wurde mittgeteilt, dass die Kaiserin mit "allerhöchster Entschließung geruht habe, die Errichtung einer Militärakademie in der landesfürstlichen Burg in der Wiener Neustadt anzuordnen". Dieser Tag gilt als der Gründungstag der Theresianischen Militärakademie und wird daher alljährlich mit dem "Stiftungsfest" feierlich gewürdigt.
Vorgesehen war die Ausbildung von 200 Zöglingen - 100 adeliger Abstammung und 100 Söhne von verdienten Offizieren. Das Eintrittsalter lag bei 14 Jahren. Die Ausbildung sollte sieben Jahre dauern. Für die Sicherstellung des Nachwuchses wurde gleichzeitig in Wien eine "Pflanzschule" gegründet. Hier wurden Söhne verarmter Adeliger, die keine Mittel zu einer eigenen Erziehung besaßen, sowie Offizierssöhne vom 7. bis zum 13. Lebensjahr aufgenommen und auf die Offiziers-Ausbildung in Wiener Neustadt vorbereitet.
Zum Oberdirektor und somit Kommandant über beide Einrichtungen bestimmt wurde Feldzeugmeister Leopold Joseph Reichsgraf von und zu Daun. Historisch nicht belegt, aber dennoch Ausbildungsleitlinie bis heute, ist der Auftrag, den Maria Theresia ihm erteilte "Mach er tüchtige Offiziere und rechtschaffene Männer daraus!". Lokaldirektor in Wiener Neustadt wurde Generalmajor Franz Ludwig Graf Thürheim.
Seit 1752
Die Burg selbst war unbewohnt, dementsprechend in einem schlechten Zustand und musste erst für die neue Aufgabe adaptiert werden. Die großen und weitläufigen Säle des Baues wurden abgeteilt. So wurden Unterrichtsräume und Schlafsäle für je 10 Mann geschaffen. Im Erdgeschoß wurden Küchenräume eingebaut, in den Wohnbereichen Toilettenanlagen und die entsprechende abführende Kanalisation installiert. Neben der Burg wurden Stallungen und eine Winterreitschule errichtet.
Am 11. November 1752 wurde mit 191 Offiziersanwärtern der Ausbildungsbetrieb aufgenommen. Die Zöglinge bildeten das "adelige Cadeten-Corps". Die Anstalt selbst erhielt die Bezeichnung "Adeliges Cadetenhaus". Die Bezeichnung als "Academie" erfolgte erst ab 1765, nachdem auf der Fassade des Uhrturms im Osttrakt der Burg eine Marmortafel mit einer Inschrift zur Erinnerung an die Gründung angebracht wurde, in der das Wort "Academiam" vorkam.
Auf Grund des Umstandes, dass die Zöglinge nach Maßgabe ihrer Vorkenntnisse in die Klassen eingeteilt wurden, erfolgte bereits 1755 die erste Ausmusterung. Zwölf Absolventen wurden bei der Infanterie als Fähnriche bzw. bei der Kavallerie als Cornetts übernommen. Die Idee Maria Theresias wurde Realität!
Quellen:
- Johann Christian Allmayer-Beck: Die Theresianische Militärakademie von ihrer Gründung bis 1918. In: Alma Mater Theresiana (Jahrbuch), Wiener Neustadt 1977
- Johann Jobst: Die Neustädter Burg und die k.u.k. Theresinische Militärakademie, Wien 1908
- Dorothea Horn: Maria Theresia - Zum 200. Geburtstag. In: Alma Mater Theresiana (Jahrbuch), Wiener Neustadt 1980
- Andreas Steiger: 250 Jahre Offiziersausbildung. In: 250 Jahre Alma Mater Theresiana (Festschrift), Wien 2002
- Josef Urban: Punktationen einer historisch bewegten und Vieles bewegenden Zeit 1750 bis 1780. In: 250 Jahre Alma Mater Theresiana (Festschrift), Wien 2002
- Hubert Zeinar: Alma Mater Thersiana - Geschichte und Geschichten rund um die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt, Graz 1999