C.A.B.C.D.E. - Was passiert bei einer Verwundung?
Im Rahmen des Truppenoffizierlehrgangs Schutz trainieren die Fähnriche des Jahrgangs Generalmajor Sommer im Tritolwerk den gesicherten MotMarsch und die erweiterte Selbst- und Kameradenhilfe. Die Einsatzart Schutz hat den Zweck, wichtige Objekte, Verkehrswege, Räume und Personen vor einem überraschenden Zugriff durch offen oder verdeckt vorgehende reguläre oder irreguläre Kräfte oder zivile Störer zu bewahren. Dies kann sowohl im ruralen sowie urbanen Gebiet durchgeführt werden, weshalb es umso wichtiger ist häufig Szenarien zu trainieren, die möglichst viele Aspekte eines Einsatzes dieser Art abdecken. Vor allem der Einsatz im urbanen Gebiet birgt zusätzliche Risiken, die man in Hinsicht auf Verwundetenversorgung beachten muss.
Die Versorgung von Verwundeten im zivilen Umfeld unterscheidet sich grundlegend von der Kameraden- und Selbstversorgung als Soldat im Einsatz. Hier spielen der ständige Feinddruck und die Vielzahl an möglichen Verletzungen eine entscheidende Rolle auf die Vorgehensweise. Im ersten Schritt muss Feuerüberlegenheit hergestellt werden, um die Verwundung weiterer Kameraden zu minimieren oder auszuschließen.
Sofern möglich, sollte der Verwundete zeitgleich selber die Deckung aufsuchen und erste Maßnahmen durchführen, sollte dies nicht möglich sein müssen die anderen Soldaten, nach dem Herstellen der Feuerüberlegenheit, den Kameraden in Sicherheit und beginnen mit Phase 1 in der es gilt sich einen Eindruck der Lage zu verschaffen und kritische Blutungen mittels Tourniquets zu stillen. In Phase 2 beginnt man den Verwundeten nach dem international anerkannten CABCDE-Schema abzuarbeiten, eng verwandt mit dem M.A.R.C.H. - Algorithmus.
Das CABCDE-Schema ist eine strukturierte Methode zur Bewertung und Versorgung von Notfallsituationen, die speziell von Soldaten, Rettungsdiensten und medizinischem Personal in militärischen oder kritischen Einsatzbereichen angewendet wird. Es dient dazu, Soldaten in Notfallsituationen schnell und effizient zu versorgen und lebensrettende Maßnahmen zu priorisieren. Jeder Buchstabe des Schemas repräsentiert einen spezifischen Schritt, der in der festgelegten Reihenfolge abgearbeitet wird:
C - Critical Bleeding
Der erste Schritt des CABCDE-Schemas befasst sich mit kritischen, äußeren Blutungen. Soldaten sind in Kampf- und Einsatzsituationen oft hohen Risiken von schweren Blutverlusten ausgesetzt. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Ausbluten des verwundeten Soldaten so schnell wie möglich zu stoppen, um einen Schockzustand und potenziell tödliche Folgen zu verhindern. In dieser Phase wird ein Tourniquet verwendet, um den Blutfluss zu unterbrechen.
Ein Tourniquet ist ein straff angelegtes Band oder ein Gurt, das um die betroffene Gliedmaße gebunden wird, um den Blutfluss zu stoppen. Sollte kein Tourniquet verfügbar sein, können auch improvisierte Mittel wie Kleidungsstücke oder Gürtel verwendet werden. Es ist wichtig, das Tourniquet so nah wie möglich am Herzen anzulegen, um eine effektive Blutstillung zu gewährleisten. Selbst bei Verletzungen im Unterarm sollte das Tourniquet auf der Höhe der Achsel angebracht werden. In ähnlicher Weise wird bei Verletzungen an anderen Gliedmaßen vorgegangen. Sobald das Tourniquet angelegt ist, müssen zusätzlich die offenen Wunden gestopft und verbunden werden, um weitere Blutungen zu verhindern.
A - Airway
Der nächste Schritt ist die Überprüfung der Atemwege des Soldaten. Es geht darum sicherzustellen, dass die Atemwege frei sind und der Soldat ungehindert atmen kann. Hierzu wird der Kopf des Soldaten in eine stabile Seitenlage gebracht, falls ein Verdacht auf eine Verletzung der Halswirbelsäule besteht. Jegliche Hindernisse, die die Atemwege blockieren könnten, müssen entfernt werden. Hierzu wird auch der Wendel Tubus verwendet. Der Wendl-Tubus dient dem Freihalten der Atemwege, indem er die Verlegung des Rachenraums durch die beispielsweise zurückfallende Zunge beim bewusstseinsgetrübten Patienten verhindert.
B - Breathing
Nach der Sicherung der Atemwege wird die Atmung des Soldaten überprüft. Es ist wichtig, zu prüfen, ob der Soldat normal atmet oder ob es Anzeichen für Atembeschwerden, unregelmäßige Atmung oder Atemstillstand gibt. Sollte der Soldat nicht normal atmen, muss sofort mit der Beatmung begonnen werden, um die Sauerstoffzufuhr aufrechtzuerhalten.
C - Circulation
In diesem Schritt wird der Kreislauf des Soldaten überprüft, um sicherzustellen, dass das Herz ordnungsgemäß pumpt und ausreichend Blut im Körper zirkuliert. Dabei werden der Puls und der Blutdruck des Soldaten gemessen. Bei Anzeichen eines Kreislaufversagens muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden, um die lebenswichtige Organfunktion aufrechtzuerhalten.
D - Disability
Zum Abschluss des CABCDE-Schemas wird eine neurologische Untersuchung durchgeführt. Dieser Schritt dient dazu, mögliche Verletzungen oder Funktionsstörungen des Nervensystems zu erkennen. Es werden die Pupillenreaktionen, die Sensibilität und die Beweglichkeit der Gliedmaßen überprüft. Falls Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, sollte der Soldat umgehend in eine medizinische Einrichtung gebracht werden, um eine genaue Diagnose und Behandlung zu erhalten.
E - Exposure
Hierbei wird der Soldaten im Idealfall gänzlich von Kleidung und Ausrüstung befreit, um versteckte Verletzungen, Blutergüsse, Schnittwunden oder Verbrennungen zu erkennen, die möglicherweise nicht unmittelbar sichtbar waren.
Dies kann auch dabei helfen andere wichtige Informationen zu gewinnen, wie zum Beispiel medizinische Alarmarmbänder, die Hinweise auf spezifische Erkrankungen oder Allergien geben können. Es ist wichtig, den Körper systematisch zu untersuchen, um potenziell lebensbedrohliche Verletzungen nicht zu übersehen.
Zusätzlich zur körperlichen Untersuchung sollte der Soldat auch vor Kälte oder Überhitzung geschützt werden, um seinen Gesundheitszustand nicht zu verschlechtern. Notfalldecken oder wärmende Maßnahmen können angewendet werden, um den Soldaten vor Unterkühlung zu bewahren, insbesondere bei Verletzungen oder Schockzuständen.
Diese umfassende Beurteilung des Soldaten ermöglicht es dem medizinischen Personal, in späterer Folge die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten und lebensbedrohliche Komplikationen zu verhindern.