Umstrittenes Grenzland
Die heutige Ukraine hat ihren Ursprung, genau wie Russland und Belarus, im ersten ostslawischen Staat, der Kiewer Rus.
Kiewer Rus
Die Region Polesien im Nordwesten der Ukraine gilt als eine mögliche Urheimat der Slawen. Ab dem 8. Jahrhundert befuhren Wikinger die osteuropäischen Flüsse und vermischten sich mit der slawischen Mehrheitsbevölkerung. Diese Rus genannten Kriegerkaufleute waren maßgeblich an der Gründung der Kiewer Rus mit Zentren in Kiew und Nowgorod beteiligt. Mit der 988 erfolgten griechisch-orthodoxen Christianisierung der Rus begann ein bemerkenswerter kultureller Aufschwung.
Grenzland
Ab dem 16. Jahrhundert gelangten Gebiete der heutigen Ukraine in den polnischen Herrschaftsbereich. Im Osten wurde aus dem Fürstentum Wladimir-Susdal das Großfürstentum Moskau, das nach und nach alle russischen Nachbarfürstentümer unterwarf. Die Ukraine wurde durch dessen Ausdehnung zum russisch-polnischen Rivalitätsgebiet und Grenzland. In dieser Epoche bekam der Landstrich am mittleren Dnepr den festen inoffiziellen Eigennamen Ukraina (Grenzland).
Unter russischer Herrschaft
Rechtliche Diskriminierung, wirtschaftliche Ausbeutung und religiöser Druck auf die orthodoxe Bevölkerung seitens der polnischen Krone führten immer wieder zu blutigen Aufständen gegen die polnische Herrschaft. Im Jahre 1648 befreite sich die Ukraine in einem Volksaufstand von der Herrschaft Polens und es entstand ein unabhängiger Kosakenstaat. 1654 unterstellten sich die Kosaken der Oberherrschaft des Moskauer Zaren, und in der Folge kam die Linksufrige Ukraine (in Bezug auf den Fluss Dnepr) mit Kiew unter russische Herrschaft.
Die Rechtsufrige Ukraine verblieb zunächst bei Polen-Litauen. Bei den Teilungen Polens am Ende des 18. Jahrhunderts fiel auch der rechtsufrige Teil der Ukraine an Russland, die im Westen der Ukraine gelegenen Gebiete Galizien und die Bukowina an das Habsburgerreich.
Im Schwarzmeergebiet hielt noch lange die osmanischer Oberhoheit an, bis die Krim im 18. Jahrhundert vom Russischen Kaiserreich annektiert wurde.
Ukrainische Volksrepublik
Am Ende des Ersten Weltkrieges entstanden zwei ukrainische Nationalstaaten: Die Ukrainische Volksrepublik und die Westukrainische Volksrepublik (gebildet aus Teilen der ehemaligen Kronländer Königreich Galizien und Lodomerien, dem Herzogtum Bukowina sowie des nördlichen Ungarns). Am 22. Januar 1919 wurde die Vereinigung der beiden Volksrepubliken beschlossen. Das Gebiet der Westukrainischen Volksrepublik wurde jedoch auch von Polen beansprucht und von diesem besetzt. Im Polnisch-Sowjetischen Krieg wurden die polnischen Truppen zurückgedrängt. Im Vertrag von Riga fielen die westukrainischen Gebiete an Polen, Rumänien und die Tschechoslowakei, die Zentral-, Ost- und Südukraine an die Russische Sowjetrepublik.
Sozialistische Sowjetrepublik
Im Verlauf des sehr wechselvollen und blutigen Russischen Bürgerkriegs wurden die meisten Gebiete der Ukraine von der Roten Armee erobert und Sowjetrussland angeschlossen. Mit der Gründung der Sowjetunion im Dezember 1922 wurde die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (USSR) gegründet.
Zweiter Weltkrieg
Infolge des Hitler-Stalin-Pakts wurden nach dem deutschen Überfall auf Polen die seit 1921 zu Polen gehörenden westukrainischen Gebiete von der Sowjetunion annektiert. Nach Beginn des Deutsch-Sowjetischen Krieges wurden jene im August 1941 Teil des deutschen Generalgouvernements. Der größere Teil des Territoriums der Ukraine unterstand nach seiner Besetzung durch die deutsche Wehrmacht von 1941 bis 1943/44 als Reichskommissariat Ukraine einer Zivilverwaltung durch das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete.
Der Zweite Weltkrieg forderte in der Ukraine etwa vier Millionen zivile Todesopfer, davon etwa eineinhalb Millionen jüdische Ukrainer. Dörfer und Städte wurden mit der Taktik der verbrannten Erde erst von der Roten Armee, dann von den deutschen Besatzern auf ihren jeweiligen Rückzügen zerstört.
Einheit der Ukraine
Im Zuge der Westverschiebung Polens nach dem Zweiten Weltkrieg wurde nahezu die gesamte polnische Bevölkerung aus den ehemals polnischen Gebieten der heutigen Westukraine ausgesiedelt. Im Gegenzug wurde die ukrainische Minderheit Polens in die Ukraine zwangsumgesiedelt. Damit war erstmals die gesamte Ukraine in einem Staat, der Sowjetunion, vereint.
Unabhängigkeit
Mit dem Zerfall der Sowjetunion erlangte die Ukraine im Dezember 1991 ihre staatliche Unabhängigkeit.
Seit der Unabhängigkeit sucht die Ukraine ihre nationale Identität und ihre internationale Rolle zwischen einer westlichen Orientierung, beispielsweise einer Integration in die Europäische Union, und einer östlichen Orientierung, d. h. einer politischen Orientierung zu Russland hin.
Zahlen & Fakten
- Fläche: 603.700 km²
- Einwohner: 41,8 Millionen
- Hauptstadt: Kiew
Staatsoberhaupt ist der Präsident, die Regierung (Ministerkabinett der Ukraine) wird von einem Ministerpräsidenten geleitet.
Die Ukraine ist in 24 Oblaste, die Autonome Republik Krim und zwei Städte mit Sonderstatus, Kiew und Sewastopol, gegliedert.
Zwischen Ost und West
Bei der Präsidentschaftswahl 2004, der sogenannten orange Revolution, setzte sich der westlich orientierte Präsidentschaftskandidat, Wiktor Juschtschenko, gegen den von Russland unterstützten Wiktor Janukowytsch durch. Das galt vielen politischen Beobachtern als richtungsweisend für die künftige Orientierung der Ukraine. Die wichtigsten Protagonisten des orange Lagers konnten sich aber in den folgenden Jahren nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen, und viele Hoffnungen der Bevölkerung blieben unerfüllt. Der politischen Stagnation überdrüssig, wählten die Ukrainer Anfang 2010 deshalb den russlandfreundlichen Janukowytsch ins Präsidentenamt.
Euromaidan
Am 21. November 2013, kurz bevor Viktor Janukowytsch ein Abkommen zwischen der Ukraine und der EU unterschreiben wollte, ließ der damalige ukrainische Präsident mitteilen, dass es dazu nicht kommen wird: Sein Kabinett habe den Plan abgelehnt. Stattdessen strebe die Ukraine eine Zollunion mit Russland an. Diese 180-Grad-Wende überraschte viele Ukrainer. Einige brachten ihren Frust noch am selben Tag in Kiew zum Ausdruck. Am 8. Dezember 2013 nahmen Hunderttausende Menschen an einer Demonstration auf dem Majdan Nesaleschnosti („Platz der Unabhängigkeit“) in Kiew teil. Die Protestbewegung bekam in der Folge den Namen „Euromaidan“. Ab dem 18. Februar 2014 kam es zu einer Eskalation der Lage in der Ukraine, welche über 80 Todesopfer forderte. Nach der vereinbarten Beilegung des Konfliktes durch einen seitens der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens vermittelten Vertrag vom 21. Februar flüchtete Präsident Janukowytsch überstürzt aus dem Land.
Seinen Abschluss fand der Euromaidan mit der Ernennung Oleksandr Turtschynows zum Übergangspräsidenten und der Bildung einer Übergangsregierung unter Arsenij Jazenjuk, nachdem Regierungschef Asarow mit der ganzen Regierung vor dem Misstrauensvotum zurückgetreten war, um seiner geplanten Absetzung zuvorzukommen.
Russische Intervention auf der Krim
Seit ihrer Gründung im Jahr 1783 ist die russische Schwarzmeerflotte auf der Halbinsel Krim stationiert. Nach der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 ging ein kleiner Teil der Flotte an die Ukraine und das Land schloss mit Russland einen Pachtvertrag zur Fortführung des Aufenthalts russischer Streitkräfte auf der Krim.
Am 26. Februar 2014 ließ der russische Präsident Putin Teile der russischen Streitkräfte im Westen Russlands in einen Übungsalarm versetzen. Am 1. März bat der russische Präsident den Föderationsrat um die Erlaubnis für einen Einsatz der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Dies sei angesichts der „außergewöhnlichen Situation“ notwendig, um russische Bürger sowie die auf der Krim stationierten Streitkräfte zu schützen.“
Bewaffnete, die sich selbst als „Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim“ bezeichneten, besetzten am 27. Februar 2014 das Parlamentsgebäude. Sie forderten von den Abgeordneten die umgehende Festsetzung eines Termins für ein Referendum über die staatliche Zugehörigkeit der Krim.
Gemäß einer Verlautbarung stimmten 61 von 64 anwesenden Abgeordneten für ein Referendum über die Unabhängigkeit der Krim, welches am 25. Mai 2014, zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine, abgehalten werden sollte. Medienrecherchen ergaben jedoch, dass zu wenige Abstimmungsberechtigte anwesend gewesen waren, um das Quorum von 51 Mitgliedern für die Beschlussfähigkeit zu erfüllen.
Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow bewertete die Ereignisse auf der Krim als bewaffnete Invasion und Besetzung durch die russische Armee. Ihm zufolge hätten bewaffnete Einheiten der russischen Schwarzmeerflotte auch den Flughafen Belbek bei Sewastopol blockiert. Nach Angaben der ukrainischen Übergangsregierung landeten am 27. Februar 2014 bis zu 2.000 russische Soldaten per Lufttransport auf der Krim. Der russische Vertreter bei der UNO erklärte in einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates in New York, alle Aktivitäten der russischen Truppen bewegten sich im Rahmen des Abkommens über die Stationierung der Schwarzmeerflotte.
Am 11. März 2014 wurde vom Parlament der Krim die dem Referendum vorgreifende Unabhängigkeitserklärung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol für den Fall eines dahingehenden Ergebnisses des Referendums verabschiedet.[
Am auf das Referendum folgenden 17. März 2014 beschloss das Regionalparlament in Simferopol folgende Maßnahmen:
- Zeitumstellung auf Moskauer Zeit;
- Rubel wird Zweitwährung, ukrainische Währung Hrywnja soll auslaufen
- Verstaatlichung der Öl- und Gaswirtschaft
Der russische Präsident Wladimir Putin hielt am 18. März 2014 eine Rede zum Beitritt der Krim zur Russischen Föderation. Noch am selben Tag unterzeichnete er zusammen mit dem Ministerpräsidenten der Republik Krim Sergei Aksjonow, einen Beitrittsvertrag der Krim zu Russland. Das Presseamt der russischen Regierung teilte hierzu mit, die Krim sei „ab dem heutigen Tag Bestandteil der Russischen Föderation“. Am 2. April 2014 wurde die Halbinsel Krim in den Militärbezirk Süd eingegliedert.
Ostukraine-Konflikt
Gleichzeitig zur Krimkrise kam es zu sezessionistischen Bewegungen im Osten der Ukraine, die in einem bewaffneten Konflikt eskalierten. Von russischer Propaganda angestachelte Unruhen russischer Bevölkerungsteile in fünf ostukrainischen Oblasten gipfelten 2014 in der „Gründung“ von sogenannten „Volksrepubliken“ in den Oblasten Donezk und Luhansk durch von Russland unterstützte, bewaffnete Separatisten.
Am 15. April startete die ukainische Armee nach dem Ablauf einer Amnestie eine erste Aktion gegen die Bewaffneten, die jedoch daran scheiterte, dass die Truppen für einen solchen Einsatz inmitten von Zivilisten weder ausgerüstet noch ausgebildet waren.
Im August 2014 begann mit einer stark verstärkten russischen Unterstützung eine neue Phase im Konflikt, in der ukrainische Kräfte zurückgedrängt wurden
Am 5. September 2014 wurde das Protokoll von Minsk vereinbart, welches das Einfrieren der Front unter Aufsicht der OSZE vorsah, die Überwachung der russischen Grenze durch die OSZE sowie einen Rückzug schwerer Waffen. Der Waffenstillstand blieb brüchig.
Russischer Überfall
Am 24. Februar 2022 griff Russland die Ukraine völkerrechtswidrig sowohl aus Russland als auch von der annektierten Halbinsel Krim und aus dem Nachbarstaat Belarus aus an.
Quelle:
www.wikipedia.org