Verteidigung
In der Führungsausbildung wird der Militärakademiker dazu befähigt, waffengattungs- und funktionsunabhängige Aufträge als Kommandant eines Zuges zu erfüllen. Die Führungsausbildung umfasst insgesamt 120 Ausbildungstage und ist in mehrere Abschnitte unterteilt. Im ersten Jahr der Ausbildung an der Militärakademie findet sich der Abschnitt "Führungsausbildung Verteidigung" in der dauer von vier Wochen.
Für die Fähnriche des aktuellen 1. Jahrganges fand diese Ausbildung im Zeitraum von 26. April bis 21. Mai 2021 statt. Sie erlernten dabei die Grundsätze der Verteidigung im bewaldeten sowie im urbanen Gelände. Die ersten beiden Wochen wurden im Gelände rund um Wiener Neustadt sowie am Truppenübungsplatz Bruckneudorf absolviert und dienten der Vermittlung der Grundlagen.
Simulation
In der ersten Ausbildungswoche wurde aber auch am „Combined Arms Tactical Trainer (CATT)" trainiert. Der CATT basiert auf der Computersimulation "Steel Beasts". Steel Beasts ermöglicht eine 3D-Simulation des modernen Gefechts der verbundenen Waffen. Es bietet die Teilnahme am Gefecht in jedem beliebigen Gelände von einem einzelnen Gefechtsfahrzeug bis hin zur Bataillonsebene. Das Führen einer militärischen Einheit im virtuellen Raum ermöglicht eine intensive und kostengünstige Ausbildungsvorbereitung. Die Anwendung der Einsatzgrundsätze, das richtige Verhalten in Standartsituationen und das Führen über Funk können am CATT sehr gut trainiert werden.
Das Gefecht um Steinbach
Die dritte Ausbildungswoche hat die Fähnriche des 1. Jahrganges auf den Truppenübungsplatz Allentsteig geführt. Um Soldaten auf die Besonderheiten der Einsatzführung im bebautem (urbanen) Gelände vorzubereiten besteht dort seit 2011 die Urbane Trainingsanlage (UTA) Steinbach. Diese umfasst eine Fläche von ca. 100.000 m² und besteht aus dem ehemaligen Dorf Steinbach das durch diverse Objekte erweitert wurde.
Nach dem Einrichten zur Verteidigung wurde mehrmals die Einsatzführung zur Abwehr eines Angreifers trainiert. Verstärkt wurde der Jahrgang ab dieser Phase durch hochmotivierte Grundwehrdiener der Streitkräftebasis, die als Fülltruppe, Feinddarsteller und Role-Player eingesetzt wurden.
Echtzeitauswertung
Unterstützt wurde die Ausbildung in der UTA Steinbach durch die Verwendung der Echtzeitauswertung. Mit Einführung dieses Systems im Jahr 2011 wurde für das Österreichische Bundesheer einen Meilenstein zur Verbesserung der Gefechtsausbildung gesetzt.
Die Einbindung einer Duellsimulations- und Übungsauswertegruppe ermöglicht die grafische Darstellung aller übenden Parteien auf einer Karte oder einer Luftbildaufnahme in Echtzeit. Dazu werden alle Ereignisdaten (Positionsermittlung mittels Global Positioning System (GPS), Status des Übungsteilnehmers, Waffenwirkung usw.) über Datenfunk zu einem Rechner der eingesetzten Duellsimulations- und Übungsauswertegruppe übertragen. Die Aktivitäten der Schiedsrichterdienste können genauso gespeichert werden wie die Sanitätsversorgung.
Die Einsätze von (simulierten) Steilfeuer, von ABC-Kampfmitteln sowie die Sperrmaßnahmen werden - den Vorgaben der Übungsleitung entsprechend - vom Auswerter der Duellsimulations- und Übungsauswertegruppe über dessen Computer eingespielt. Die Übungsteilnehmer erhalten über die Sprachausgaben der Helm- und Körperausrüstungen bzw. über die Intercom-Anlagen der Kampffahrzeuge unverzüglich aktuelle Informationen, die die Wirkung von Waffen und Kampfmittel betreffen (z. B. Treffer, Schäden am Fahrzeug, Ausfall von Teilsystemen oder Verstrahlung).
Alle diese Daten sind auf dem Bildschirm der Duellsimulations- und Übungsauswertegruppe praktisch in Echtzeit verfügbar. Das ermöglicht dem Übungsleiter in Verbindung mit seinem vor Ort eingesetzten Schiedsrichterteam die verzugslose Verfolgung des Übungsverlaufes sowie die detaillierte Auf- und Nachbereitung der Übungsphasen. Dabei können alle gefechtsrelevanten Daten wie z. B. die Faktoren Kraft, Raum und Zeit, der Munitionseinsatz, die Waffenwirkung im Ziel und die Versorgungsabläufe herangezogen werden.
Für die Fähnriche bildete die Einbindung der Echtzeitauswertung nicht nur eine effiziente Übungsnachbesprechung, sondern vor allem auch ein Kennenlernen dieses Ausbildungsunterstützungsmittels. Ein Wissen, dass die angehenden Offiziere dazu motivieren soll, die Echtzeitauswertung auch bei künftig von ihnen geplanten Ausbildungsvorhaben zu nutzen.
Gefechtsschießen
Den Abschluss der "Führungsausbildung Verteidigung" bildete ein Zugsgefechtsschießen. In einem ausgebauten Stellungssystem wurden verschiedenen Standartsituation in der Verteidigung im scharfen Schuß trainiert. Unterstützt wurden die Fähnriche von Soldaten des Jägerbataillons 25, die mit zwei Granatwerfern die Steilfeuerunterstützung sicherstellten. Der Einsatz von Pyrotechnik schaffte Realitätsnähe.
Persönlichkeitsentwicklung
Die Zielsetzung des Lehrganges war aber nicht nur, dass die Fähnriche künftig erfolgreich einen festgelegten Raum gegen Feindangriffe halten können, sondern auch, dass sie ihre Persönlichkeit und ihre Führungsfähigkeit weiterentwickeln. Körperliche Anstrengungen gepaart mit Schlafentzug, wenig zum Essen und Informationsdefizite - Belastungen des Gefechts die fordern. Genau in deratigen Situationen muss der militärische Kommandant aber Führungsfähigkeit beweisen. Deshalb wurden die Fähnriche während des Lehrganges auch immer wieder in belastende Situationen versetzt, so dass sie ihre Resilienz stärken.
Selbst- und Kameradenhilfe & Nahkampf
Besonderes Augenmerk gelegt wurde auf die korrekte Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur erweiterten Selbst - und Kameradenhilfe. In zahlreichen Üungseinlagen wurden verletzte/verwundete Kameraden dargestellt. Die eingeteilten Kommandanten hatten bereits bei ihren Einsatzplanungen darauf Rücksicht zu nehmen, die entsprechenden Maßnahmen vorzubereiten und im Anlassfall durchzuführen.
Realitätsnähe und körperliche Beanspruchung forderten auch zahlreiche Aufgaben, die Nahkampftechniken erforderten. Zwei Trainer des Zweigvereines "Kampfsport & Fitness" des Heeressportvereins Wiener Neustadt haben die Ausbildung dazu unterstützt.