NORBERT LACHER U.A.: Die Rückkehr des Drachen – Chinas Einfluss auf die Machtkonstellation im 21. Jahrhundert
Zwischen dem 14. und dem 18. November 2022 wurde an der Theresianischen Militärakademie erstmals ein „Geopolitisches Symposium“ zum Thema „Die Rückkehr des Drachen – Chinas Einfluss auf die Machtkonstellation im 21. Jahrhundert“ durchgeführt.
Trotz des zu diesem Zeitpunkt alles beherrschenden Krieges zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation wurde für die Premiere dieses neuen Formats der Fokus auf die Volksrepublik China gerichtet, auch im Wissen, dass dieser Konflikt und die damit einhergehende politische wie militärische Schwächung Russland ihren Niederschlag in Chinas weitere geostrategischen Überlegungen finden wird.
Unter der Leitung von Oberst des höheren militärfachlichen Dienstes Dr. Norbert Lacher machten sich Frau Mag. Barbara Farkas, Sinologin und Asien-Analystin, Frau Dr. Doris Vogl, ebenfalls Sinologin und Politikwissenschaftlerin, Prof. Dr. Ole Döring, Sinologe und habilitierter Philosoph an der School for Foreign Studies der Hunan Normal University in Changsha (China), Ministerialrat a.D. Hans-Hermann Dube, langjähriger Regionalleiter der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) u. a. in Afghanistan, Lektor Dr. Arian Hamidi-Faal, Chef Außenpolitik des Cercle Diplomatique, der Südostasien-Experte Dr. Alfred Gerstl, Privatdozent an der Universität Wien und der Palacký-Universität Olmütz, Dr. Hartmut Klüver, Dozent für Geo- und Sicherheitspolitik an der Führungsakademie der Bundeswehr, Padraig Lysaght vom Konfuzius-Institut an der Universität Wien, Mag. Mag. Gerhard Alois Maynhardt, Univ.-Prof. i.R. Dr. Heinz Nissel, ausgewiesener Kenner Indiens und Südasiens an der Universität Wien und Prof. Dr. Johannes Maerk, Experte für Lateinamerika am FH Campus Wien gemeinsam auf die Suche nach Chinas Einfluss im Indopazifik, dem Mittleren Osten, Afrika und Europa sowie, oft sträflich vernachlässigt, Lateinamerika.
Abseits der irdischen Intentionen der Volksrepublik sollten aber auch deren Intentionen in den unendlichen Weiten der 4. Dimension ergründet werden, insbesondere aber eine Einschätzung von Chinas Weltraumtechnologie und Forschung erfolgen. Diesem „abgehobenen“ Thema widmete sich Dipl.-Ing. Dr. Norbert Frischauf, Hochenergiephysiker, Raumfahrtsystemingenieur und Entrepreneur sowie Kommandant der ersten österreichische Mars-Analog-Mission „AustroMars“ in der Mars Desert Research Station in der Wüste von Utah/USA.
Das Highlight des Symposiums war schließlich eine Podiumsdiskussion am Donnerstag den 17. November im Format „Perspektiven 21“ im Maria-Theresien-Rittersaal.
Unter der Moderation von Dr. Hamidi-Faal diskutierten Bundesminister a.D. Dr. Werner Fasslabend, ehemaliger Verteidigungsminister der Republik Österreich und Präsident des Austrian Institut für Europa und Sicherheitspolitik, Ministerialrat a.D. Hans-Hermann Dube und Univ.-Prof. i.R. Dr. Heinz Gärtner, einer der renommiertesten Politikwissenschaftler und Amerika-Kenner Österreichs, welchen Einfluss China auf die globale Neuordnung der Macht haben wird und welchen Platz es einnehmen könnte.
Die Podiumsdiskussion kann unter dem Link https://www.youtube.com/watch?v=M9feu3-H410 nachgesehen werden.
Ohne den nun nachfolgenden Beiträgen der Autorinnen und Autoren der Publikation vorgreifen zu wollen, kann festgehalten werden, dass die VR China unter der Führung von Xi Jinping, der am 20. Parteitag der Kommunistischen Partei am 23. Oktober 2022, entgegen den Gepflogenheiten nach der Ära Mao, für eine 3. Amtsperiode wiedergewählt wurde, eine globale Führungsrolle anstrebt.
Publikation
In der nunmehr veröffentlichten Publikation zum Symposium wird daher genau dieser Frage aus unterschiedlichsten Perspektiven und in den unterschiedlichsten Regionen dieser Erde nachgegangen.
Ist die Volksrepublik China in der Lage, die Vision des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei und Präsidenten umzusetzen – „The Chinese Dream“ – die große nationale Wiedergeburt, das nationale Bestreben, die VR China wieder zu einer Position der Stärke, des Wohlstands und der Führung auf der Weltbühne zu führen?!
Mit der „Belt and Road Initiative“ hat Präsident Xi am 14. Mai 2017 in Peking das Projekt von einer neuen Seidenstraße der Weltöffentlichkeit präsentiert, mit deren Hilfe dieser chinesische Traum verwirklicht werden soll. „Wir wollen die Seidenstraßeninitiative vorantreiben, so dass die Menschen auf der ganzen Welt davon profitieren, wir wollen eine Straße des Friedens schaffen“, so seine auf friedliche Koexistenz und friedlichen Aufstieg getrimmte Botschaft an die anwesenden Vertreter aus 110 Ländern.
Inzwischen wird zunehmend offenkundig, dass das Projekt „One Belt, One Road“ offensichtlich der wesentliche Teil einer chinesischen „Great Power Diplomacy“ ist. Idee des Projekts ist es, mit einer infrastrukturellen Charmeoffensive im Indopazifik, dem Mittleren Osten, Afrika, Zentral Asien und Lateinamerika Fuß zu fassen, den Hegemon, die Vereinigten Staaten von Amerika, zu schwächen und ihn Schritt für Schritt, vorerst regional, letztlich aber global zu verdrängen.
In Anbetracht dessen und im Wissen um eine sich im Umbruch befindlichen Weltordnung auf der Suche nach einer Neuausrichtung, haben es sich die Autorinnen und Autoren zum Ziel gesetzt, die Fähigkeiten der Volksrepublik, deren Positionierung, Reichweite und Kapazitäten am internationalen Spielfeld inklusive der 4. Dimension, dem Weltraum, zu analysieren, aber auch die damit einhergehenden Herausforderungen und Einschränkungen, auf die es dabei stößt, kritisch zu beleuchten.
Letztendlich fokussiert sich Xi´s „Chinese Dream“ aber auf den Widerstreit mit den Vereinigten Staaten.
Inwieweit das gesteckte Ziel, 2049 die Vereinigten Staaten von Amerika als die global führende Macht abzulösen, erreicht werden kann, ist derzeit nicht beantwortbar - zu unabsehbar ist das Spannungsfeld von globalem Machtanspruch und innerer Stabilität der Volksrepublik, Stichwort Zero-Covid Politik, Immobilien Krise, vor allem aber die demografische Entwicklung.