Der Löwe von Limanowa-Lapanow
Biografie des Generaloberst Josef Roth Freiherr von Limanowa-Łapanów
Josef Roth wurde am 12. Oktober 1859 in Triest als drittes Kind des k.k. Oberstleutnant Josef Roth und dessen Gattin Henriette geboren.
Nach dem Tod seines Vaters in Folge eines Reitunfalles, hatte die Mutter als Alleinerziehende ein schweres Los, setzte aber alles daran den Kindern eine entsprechende Bildung zukommen zu lassen.
Offiziersausbildung
Nach der Absolvierung der Volksschule und der Unterstufe des k.k. Gymnasiums in Marburg, trat er 1873 in des Militärkollegium St.Pölten ein. Dieser nur kurze Zeit bestehende Schultyp diente der Vorbereitung auf die Aufnahme auf eine der Militärakademien.
1876 begann seine Ausbildung an der k.u.k. Theresianischen Militärakademie. Als Waise kam er in den Vorzug eines Stiftungsplatzes.
Am 21/24. April 1879 erfolgte die Beförderung zum Leutnant und Ausmusterung zum k.u.k. Feldjägerbataillon 21, das zu diesem Zeitpunkt in Klagenfurt in Garnison lag. Verwendet wurde Leutnant Roth als Bataillonsadjutant.
Generalstabsausbildung
1884 erfolgte die Beförderung zum Oberleutnant und nach Bestehen der Aufnahmeprüfung der Beginn der Ausbildung zum Generalstabsoffizier an der k.u.k. Kriegsschule in Wien. Diese Ausbildung schloss Oberleutnant Roth am 1. November 1886 erfolgreich ab. Für eine tatsächliche Verwendung im Generalstab wurden jene Offiziere, die die Ausbildung mit mindestens der Beurteilung "Gut" abgeschlossen haben, dem Generalstab zugeteilt und hatten ihre Befähigung in einer ein- bis dreijährigen Verwendung im praktischen Generalstabsdienst nachzuweisen.
Oberleutnant Roth wurde vorerst beim Kommando der k.u.k. 13. Infanteriebrigade in Esseg verwendet, ab Februar 1889 im Kommando des k.u.k. XII. Korps in Hermannstadt.
Auf Grund der Erfüllung des Kriteriums der sehr guten Beurteilungen wurde Oberleutnant Josef Roth am 1. November 1889 zum Hauptmann befördert und in das Generalstabskorps aufgenommen.
Privatleben
Im Dezember 1890 lernte Hauptmann Josef Roth bei einem Ball Malwine Gräfin von Lažansky-Bukowé kennen. Nach der für einen Offizier in der damaligen Zeit erforderlichen Aufbringung der Heiratskaution in der Höhe von 18.000 Gulden - das Jahresgehalt eines Hauptmanns betrug rund 1.200 Gulden - erfolgte am 30. Februar 1892 die Hochzeit.
Aus der Ehe entstammen vier Kinder - zwei Töchter (Melanie und Marga) und zwei Söhne (Josef und Alfred). Josef, der Zweitgeborene, absolvierte ebenso wie sein Vater die Offiziersausbildung an der k. u. k. Theresianischen Militärakademie. Er musterte am 15. Oktober 1914 zum k. u. k. Infanterieregiment Nr. 14 aus. Erika Liwanowa-Lapanow ist die Tochter Josefs.
Generalstabsoffizier
Ab 1892 erfolgte die Verwendung im k.u.k. Kriegsministeriums als Abteilungsleiter mit der Verantwortung für Übungen.
1895 legte Hauptmann Roth die Stabsoffiziersprüfung erfolgreich ab, wurde am 1. November zum Major befördert und als Chef des Stabes zur k.u.k. 12. Infanterietruppendivision nach Krakau vesetzt. Ab 1. November 1897 versah Roth Dienst beim k.u.k. V. Korps in Pressburg.
Am 1. Mai 1898 erfolgte die Beförderung zum Oberstleutnant, 1899 eine einjährige Truppenverwendung als Bataillonskommandant im k.u.k. Infanterieregiment 76 in Graz.
Ab Mai 1901 war Oberstleutnant Roth Chef des Instruktionsbüros im Generalstab und damit verantwortlich für Ausbildungsfragen des Generalstabes, Generalstabsreisen und Kriegsspiele. Am 1. November 1901 wurde Josef Roth zum Oberst befördert.
Am 1. Mai 1908 wurde Roth zum Kommandant der k.u.k. 94. Infanteriebrigade ernannt und zum Generalmajor befördert.
Akademiekommandant
Mit 24. April 1910 übernahm Generalmajor Roth das Kommando über die k. u. k. Theresianische Militärakademie.
Er prägte in seiner vierjährigen Tätigkeit in Wiener Neustadt nicht nur im Bereichen Lehre, sondern auch in den Bereichen Erweiterung der Infrastruktur und Öffentlichkeitsarbeit.
Roth legte das Schwergewicht in der Lehre auf mehr praktische Ausbildung. Durch die Erhöhung der Teilungsziffern der Jahrgänge konnte der Unterricht effizienter durchgeführt werden. Im Bereich der Sportausbildung wurde Radfahren als Pflicht eingeführt. Durch Reisen in die Kronländer sowie Exkursionen zu Industriebetrieben wollte Roth das Wissen der Militärakademiker über das Militärische hinaus erweitern.
Durch Schießveranstaltungen für Schüler der oberen Klassen wollte Roth den Beruf des Soldaten näher bringen und so Offiziersnachwuchs gewinnen.
Darüber hinaus begründete er heute noch bestehende Veranstaltungen zur Förderung des Traditionsbewusstseins sowie im gesellschaftlichen Bereich. So erfolgte unter Josef Roth erstmals am 14. Dezember ein Gedenken an die Gründung durch Maria Theresia und es fanden Treffen von Absolventen anlässlich von Ausmusterungsjubiläen statt. Im Turnsaal wurde ein Akademieball abgehalten.
Im infrastrukturellen Bereich erfolgten in der Zeit Josef Roth´s als Akademiekommandant die Übernahme der neu errichteten, heute noch bestehenden Reithalle, die Einweihung der Franz Josel-Statue sowie des Fliegersteines, die nördliche Erweiterung des Akademiefriedhofes und die Erneuerung der Orgel in der Georgskirche.
Am 1. Mai 1912 wurde Josef Roth zum Feldmarschallleutnant - dieser Dienstgrad entspricht heute Generalmajor - ernannt.
Von seinen Untergebenen wurde Roth geschätzt für sein väterliches und ritterliches Verhalten, aber auch für seinen Fleiß.
Der Ausbruch des 1. Weltkrieges bedingte zur Vorverlegung der Ausmusterung im Jahr 1914 von 18. August auf den 1. August. 135 Leutnante schwören in Anwesenheit des nunmehrigen Thronfolgers Erzherzog Karl "Treu bis in den Tod".
Am Tag danach, dem 2. August 1914, verabschiedete sich Feldmarschallleutnant Josef Roth von "seiner" Akademie und begab sich nach Linz, wo er das Kommando über die 3. Infanterietruppendivision übernahm.
Am russischen Kriegsschauplatz
Mit der zum XIV. Korps der k.u.k. 3. Armee zugehörigen 3. Infanterietruppendivision verlegte Josef Roth Anfang August nach Galizien, wo die Division westlich Lemberg einen Verfügungsraum bezog. Mit dem Infanterieregiment Nr. 14 "Hessen", dem Infanterieregiment Nr. 28, dem Infanterieregiment Nr. 59 "Rainer" sowie dem 2. Regiment der Tiroler Kaiserjäger verfügte Roth über hervorragende Verbände.
Die Feuertaufe erlebte Roth und die ihm unterstellten Soldaten am 28. August 1914 im Gefecht bei Wasylow. Nunmehr Teil der k.u.k. 4. Armee stellt die Division Roths den Schutz der rechten Flanke der Armee sicher und greift dabei aus der Bewegung eine russische Brigade am Marsch an. Zum Sieg der 4. Armee unter General der Infanterie Moritz von Auffenberg in der Schlacht von Komarów schreibt Josef Roth in einem Brief: "Unsere Armee hat einen glänzenden Sieg errungen, an welcher die 3. Division wesentlich Anteil hatte."
Den Anfangserfolgen folgen schwere Niederlagen und der Verlust beinahe ganz Galiziens. "Schuldige" für das Versagen werden abgelöst; so rückt Josef Roth im Oktober 1915 zum Kommandanten des XIV. Korps auf. Neben der 3. Infanterietruppendivision umfasst dieses noch die 8. Infanterietruppendivision mit dem 1., 3. und 4. Regiment der Tiroler Kaiserjäger sowie der 44. Landwehr-Infanterietruppendivision mit den Landesschützenregimentern (später Kaiserschützen) 1 - 2, der Gebirgstruppe Österreich-Ungarns. Das Korps trägt daher den Beinamen "Edelweisskorps".
Ende November 1914 wurde die 4. Armee bis auf die Höhe Krakaus zurückgedrängt, die 3. Armee steht in den Karpaten. Dazwischen klafft eine Lücke von 100 Kilometern.
In dieser Situation entscheidet sich der Generalstabschef der k.u.k Armee die Initiative zu ergreifen und einen Gegenangriff durchzuführen. Für die Offensive wird unter der Führung Josef Roths die Armeegruppe Roth gebildet - bestehend aus dem XIV. Korps, verstärkt um die deutsche 47. Reservedivision und das Kavalleriekorps Nagy. In der von 1. bis 14. Dezember dauernden Schlacht bei Limanowa–Lapanow gelang es Josef Roth durch die konsequente Verfolgung des Führungsgrundsatzes "Klares Ziel" die russischen Kräfte zu zerschlagen und im Zusammenwirken mit der ebenfalls offensiv gewordenen 3. Armee zum Absetzen nach Osten zu zwingen. Die Gefahr des russischen Einfalls nach Böhmen und/oder die ungarische Tiefebene war damit gebannt.
Mit seinem XIV. Korps war Josef Roth in weiterer Folge im Mai 1915 an der Durchbruchsschlacht von Gorlice-Tarnow, der Wiedereroberung Lembergs im Juni 1915 sowie dem Vorstoß nach Russisch-Polen im August 1915 beteiligt.
Am italienischen Kriegsschauplatz
Nachdem in Folge des Kriegseintritts Italiens bereits die 3. und die 8. Infanterietruppendivision an die Südwestfront verlegt worden waren, erhielt am 5. Oktober 1915 auch das Kommando des XIV. Korps den Marschbefehl nach Tirol.
Josef Roth übernahm dort zunächst die Verantwortung über den Rayon IV (Fleimstal) und später V (Pustertal). Mit der Bildung der 11. Armee zur Durchführung der Südtiroloffensive im Frühjahr 1916, übernahm General der Infanterie Josef Roth am 15. März 1916 als Landesverteidigungskommandant von Tirol das Kommando über alle in der Defensive zu verbleibenden Kräfte.
Nach der Einstellung der Offensive übernahm Roth am 21. August 1916 wieder das Kommando über "sein" XIV. Korps, das zwischenzeitlich zum XX. Korps umbenannt geworden und von Thronfolger Erzherzog Karl geführt worden war. Von seinem Gefechtsstand in Brixen aus, war Roth für die Rayone IV und V verantwortlich und hatte somit die Abwehr der italienischen Angriffe in den Dolomiten zu organisieren.
Die Verwendung als Armeekommandant blieb ihm verwehrt. Wesentlich dazu beigetragen hat sicherlich eine Beurteilung durch Generalstabschef Conrad von Hötzendorf, der über Roth schrieb „Ein anständiger, ritterlicher Charakter, eher zurückhaltend statt zupackend, wenn auch unerschrocken und tapfer, scheint er nicht geeignet das Kommando über eine Armee zu übernehmen. Er ist eher geeignet die Position eines Inspektors in der militärischen Ausbildung zu übernehmen, da er Herz und Verständnis für die Jugend hat.“
Eine durch General der Infanterie Roth geplanter Offensiv-Stoß parallel zur erfolgreich verlaufenden 12. Isonzo-Schlacht im Oktober 1917 wurde durch den von der Funktion als Generalstabschef abgelösten und nun als Heeresgruppenkommandant in Tirol agierenden Conrad von Hötzendorf untersagt. Weiter noch, Conrad zog die für die Offensive bereit gestellten Truppen aus dem Verantwortungsbereich Roth´s ab.
Exzellenz & Ritterstand
Unbeschadet der Beurteilung durch Conrad von Hötzendorf wurde Josef Roth in Anerkennung seiner Leistungen in der Schlacht von Limanowa-Łapanów von Kaiser Franz Josef I. am 19. Mai 1916 der Titel "wirklicher Geheimen Rat" verliehen. Mit dem Titel war die Anrede "Exzellenz" verbunden.
Am 19. Juni 1916 in den Ritterstand mit dem Zusatz "von Limanowa-Łapanów" erhoben worden.
Zweifacher Generalinspekteur
Die völlig veränderte militärische Situation in Südtirol nach der 12. Isonzoschlacht brachte für General der Infanterie Josef Roth zunächst ab Dezember 1917 die Verwendung als stellvertretender Kommandant der 10. Armee und später die Abberufung von der Front.
Am 25. Februar 1918 erfolgte die bereits Anfang September 1917 in Aussicht gestellte Ernennung zum Generalinspekteur der Militär-Erziehungs- und Bildungsanstalten.
Gleichzeitig erhielt Roth aber auch die Verantwortlichkeit für das Heimkehrerwesen übertragen. Nach dem Friedensschluss mit Russland strömten die entlassenen Kriegsgefangenen zurück nach Österreich-Ungarn. Die Armeeführung, die für die aus der Gefangenschaft entlassenen Soldaten nach wie vor zuständig war und sie wieder in die Armee eingliedern wollte, befürchtete, dass sich darunter auch von Bolschewismus überzeugte und anderweitige sogenannte subversive Elemente befänden. Man schuf daher den Posten eines „Generalinspektor für das Heimkehrerwesen“ und übertrug ihn an Josef Roth, zusätzlich zu seiner anderen Aufgabe.
Generaloberst & Ritterkreuz
Gleichzeitig mit der Beauftragung als Generalinspekteur einerseits für die Militär-Erziehungs- und Bildungsanstalten, andererseits für das Heimkehrerwesen, war auch die Beförderung zum Generaloberst erfolgt.
Am 2. Oktober 1918 hat ihm das Ordenskapitel des Militär-Maria-Theresien-Orden die Ordenswürdigkeit und die Auszeichnung mit dem Ritterkreuz anerkannt.
In Folge dessen wurde er am 10. November 1918 durch Kaiser Karl I. in den erblichen Freiherrn-Stand erhoben. Damit verbunden war die Anrede als "Baron". Eine Auszeichnung, die Josef Roth nur 139 Tage lang nutzen konnte. Das nach dem Ende der Monarchie von der Nationalversammlung der Republik Deutschösterreich beschlossene und am 10. April 1919 in Kraft getretene Verfassungsgesetz über die "Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden" verbot die weitere Verwendung. Ebenso war eine offizielle Verleihung des Ritterkreuzes nicht mehr möglich gewesen.
Die Nachkriegszeit
Josef Roth trat am 3. Dezember 1918 im Alter von nur 59 Jahren in den Ruhestand über, lebte gemeinsam mit seiner Gattin in Wie und engagierte sich in verschiedenen Institutionen.
So war der erste Präsident der am 23. November 1919 gegründeten Vereinigung Alt-Neustadt, der noch heute bestehenden Vereinigung der Absolventen der Theresianischen Militärakademie.
Ebenso war Josef Roth Präsident, des Offiziersverbandes, dem Vorläufer der heutigen Offiziersgesellschaft, sowie des "Reichskameradschafts- und Kriegerbundes, der Dachverband von 285 Kameradschafts- und Heimkehrervereinen.
Ab 1925 war er Präses des Ordenskapitels des Militär-Maria-Theresia-Ordens, außerdem führte es den Vorsitz im Offiziers-Ehrenrat - ein Gremium zur außergerichtlichen Schlichtung von Streitigkeiten unter Offizieren.
Sein, auf Grund einer Darmkrebserkrankung, angeschlagener Gesundheitszustand verhinderte die angedachte Kandidatur zum Bundespräsidentenamt.
An dieser Krankheit verstarb Josef Roth am 9. April 1927. Nach Aufbahrung im Militärkasino am Schwarzenbergplatz und Verabschiedung mit militärischen Ehren wurde er am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 81B, Nr. 54) bestattet.
Verfasser
Oberst Thomas Lampersberger
Quellen:
- Georg von Reichlin-Meldegg: Der Löwe von Limanowa, Graz 2005
- Verl. der Militärwiss. Mitteilungen (Hrsg.): Österreich-Ungarns Letzter Krieg 1914 - 1918, Band 1 - Das Kriegsjahr 1914, 1932
- Arbeitsgemeinschaft Truppendienst (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg, Wien 1989
- https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Roth_von_Limanowa-Łapanów
- https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Limanowa-Lapanow