Perspektiven 21
Perspektiven 21 ist neben den Theresianischen Gesprächen das zweite Gesprächsformat, in dessen Rahmen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Militär, Medien, Kunst und Kultur ihre Perspektive zu spezifischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts präsentieren.
Rückblicke
16. November 2023 - Künstliche Intelligenz: Fluch oder Segen?
Das Jahr 2023 ist, wie kein anderes Jahr davor, vom Thema „Künstliche Intelligenz“ oder kurz KI geprägt. Nahezu täglich liest oder hört man aktuelle Informationen darüber oder wird darüber angeregt in diversen Medien diskutiert. Wie brisant das Thema KI mittlerweile ist, erkennt man unmittelbar daran, welches Spannungsfeld sich dabei auftut. Das Stimmungsbarometer reicht von nahezu euphorischer Zustimmung bis hin zu Untergangsszenarien à la Terminator.
So wäre der letzte Song der Beatles, „Now and Then“, ohne KI nicht möglich gewesen. Ebenso sieht die Medizin großes Potenzial in der Früherkennung von Krebs. Demgegenüber steht aber auch die Gefahr von Missbrauch, wie das Beispiel ChatGPT im Bereich der Bildung aufzeigt, oder der befürchtete Abbau von Arbeitsplätzen, insbesondere im IT-Bereich. Ebenso könnte KI zur Produktion von Biowaffen genutzt werden.
Grund genug also, sich damit auseinanderzusetzen, speziell im Hinblick darauf, wie wird - wie soll - die zukünftige Rolle der Künstlichen Intelligenz und das Leben mit ihr aussehen? Welche Vorteile aber auch Risiken ergeben sich dadurch für die Menschheit?! Welchen rechtlichen Rahmen bedarf es, um einen sicheren wie gesicherten Umgang mit KI zu gewährleisten und welche Herausforderungen ergeben sich dadurch für die Politik.
All das war Thema des Diskussionsabends am 16. November 2023 im Rahmen unseres Gesprächsformates "Perspektiven 21", zu dem wir den Abgeordneten zum Nationalrat Süleyman Zorba begrüßen konnte. Abgeordneter Zorba (Die Grünen) ist Sprecher für Netzpolitik, Digitalisierung und Lehre. Die Moderation und anschließende Diskussion lag in den bewährten Händen von Dr. Arian Hamidi-Faal.
Aufgezeichnet wurde der Diskussionsabend von der Heeres Bild- und Filmstelle und kann hier abgerufen werden.
Mittlerweile lieferte die Europäische Union weltweit eine Premiere in der Frage einer rechtlichen Regelung von KI. Seit 2021 hatten die EU-Mitgliedsstaate über ein Regelwerk für den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) verhandelt und sich schließlich nach zähen Verhandlungen am 9. Dezember auf den sogenannten „AI Act“ geeinigt. Link zum Dokument
15. Februar 2023 - Quo vadis, Weltraumfahrt?!
„Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung fünf Jahre lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“
Mit diesen Worten beginnt jede Folge einer der legendärsten Fernsehserien aller Zeiten - „Raumschiff Enterprise“!
Am 8. September 1966, mitten im Kalten Krieg und mitten im Wettlauf zum Mond, wurde die erste Folge ausgestrahlt. Die Geschichte der bemannten Raumfahrt, die wir kennen, ist untrennbar mit dieser Zeit verbunden. Der Wettlauf zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika brachte schließlich am 12. April 1961 mit Juri Gagarin den ersten Menschen ins All und am 20. Juli 1969 den Astronauten Neil Armstrong auf den Mond.
Die Weltraumfahrt der ersten beiden Dekaden des 21. Jahrhunderts zeigt ähnliche Züge des Wettstreits, wie wir sie aus der Zeit des Kalten Krieges kennen, lediglich die Anzahl der Akteure ist um ein Vielfaches größer. Zu den USA und der heutigen Russischen Föderation haben die Volksrepublik China, Indien, Japan und die Europäische Union aufgeschlossen.
Neben der NASA, Roskosmos und der ESA sind heute auch eine Vielzahl von zivilen Unternehmen in der Raumfahrt tätig, wie zum Beispiel Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos oder SpaceX (Space Exploration Technologies Corporation) von Multimilliardär Elon Musk.
Zuletzt hat mit dem US-Unternehmen Astrobotic aus Pittsburgh erstmals ein privates Unternehmen versucht, auf dem Mond zu landen. Mit einer Trägerrakete vom Typ „Vulcan Centaur“ des US-amerikanischen Herstellers United Launch Alliance (ULA) sollte in einer Kapsel der Lander "Peregrine" zum Erdtrabanten gebracht werden und in einem Gebiet mit dem Namen Sinus Viscositatis (Bucht der Klebrigkeit) landen. Leider haben technische Probleme den Versuch scheitern lassen.
Es besteht daher die berechtigte Frage: „Wohin geht die Weltraumfahrt im 21. Jahrhundert?“
Wie wird - wie soll - die zukünftige Rolle der Weltraumfahrt im Spannungsfeld zwischen politischer Ambition, wissenschaftlicher Forschung, kommerzieller Nutzung und militärischer Erfordernisse aussehen?
Diesen spannenden Fragen haben sich Frau Dr. Pascale Ehrenfreund, Bundesminister a.D. Dr. Peter Jankowitsch, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Otto Koudelka und Dipl.-Ing. Dr. Norbert Frischauf gestellt.
Die Aufzeichnung dieses hoch spannenden Abend an der Theresianischen Militärakademie im des Formates Perspektiven 21 kann mit einem persönlich vergebenen Zugangscode kostenlos eingesehen werden.
Den Zugang zur Aufzeichnung finden Sie unter https://emcp.org/mitgliederbereich/
für einen Zugangscode schreiben Sie bitte an office@emcp.org
17. November 2022 - Die Rückkehr des Drachen - Chinas Einfluss auf die Machtkonstellation im 21. Jahrhundert
Im Zeitraum 14. November bis 18. November 2022 wurde erstmals an der Theresianischen Militärakademie zu einem „Geopolitisches Symposium“ eingeladen. Unter der Leitung von Oberst der höheren militärischen Fachdiensten Sen.Lect.(FH) Dr. Norbert Lacher wurde zum Thema "Die Rückkehr des Drachen - Chinas Einfluss auf die Machtkonstellation im 21. Jahrhundert" diskutiert.
Den Höhepunkt des Symposiums bildete eine im Rahmen des Gesprächsformates "Perspektiven 21" von Dr. Arian Hamidi-Faal, Chef Außenpolitik des Cercle Diplomatique, moderierte Podiumsdiskussion mit Bundesminister a. D. und Präsident des AIES Dr. Werner Fasslabend, Ministerialrat a.D. Hans-Hermann Dube, langjähriger Regionalleiter der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) u. a. in Afghanistan, Pakistan, Indien und China sowie Univ.-Prof. Dr. Heinz Gärtner, einem der renommiertesten Politikwissenschaftler und Amerika-Kenner Österreichs.
Die Podiumsduskussion zum Nachsehen bietet eine Aufzeichnung.
5. Dezember 2019 - Herausforderungen der internationalen Ordnung im 21. Jahrhundert
Am 5. Dezember 2020 konnte im Rahmen des Gesprächsformats Perspektiven 21 Dr. Hugo Portisch an der Militärakademie begrüßt werden.
Zur Person:
Dr. Portisch ist eine der wohl bedeutendsten Persönlichkeit der Österreichischen Medienlandschaft und des Österr. Journalismus. Generationen von Österreicherinnen und Österreichern hat er über Jahrzehnte hinweg die große weite Welt ins Wohnzimmer gebracht.
1927 in Bratislava geboren begann er 1947 seine journalistische Laufbahn, die ihn über die Tageszeitung Kurier, wo er zuletzt Chefredakteur war, 1967 zum ORF führte. Fortan erläuterte er Wahlen und Wahlergebnisse, begleitete Apollo 11 auf Ihren Weg zum Mond und berichtet aus allen Ecken der Welt.
Neben zahlreichen Büchern die er verfasste, hat er den Österreicherinnen und Österreichern die Geschichte der 1. und 2. Republik in verständlicher und anschaulicher Art nähergebracht. Durchschnittlich 1,5 Millionen Zuseher verfolgten die Ausstrahlungen der mittlerweile in einer aktuell überarbeiteten Version veröffentlichten Dokumentation Österreich II. Gemeinsam mit Österreich I Meilenstein in der Darstellung der Österreichischen Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Dr. Portisch wurde für sein Schaffen mehrfach geehrt, so erhielt er vier Mal die Kurier ROMY und wurde zwei Mal mit der Golden Kamera, dem deutschen Film- und Fernsehpreis, ausgezeichnet. 2019 wurde ihm von Bundesminister Alexander Schallenberg das Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.
Herausforderungen der internationalen Ordnung im 21. Jahrhundert
Der Abend war den Herausforderungen der internationalen Ordnung im 21. Jahrhundert gewidmet. Auf der Suche nach einer Neuausrichtung ringen aktuell alte wie neue globale wie regionale Akteure darum, sich als Gravitationszentren im System der Internationalen Ordnung zu etablieren oder als solche zu halten.
Nicht genug damit – im Lichte von Terror, aufkeimendem Nationalismus, bewussten militärischen Machtprojektionen stellt sich zu Recht die Frage: „Weltordnung im Umbruch – was nun?!“
Eine komplexe Frage der sich Dr. Hugo Portisch gemeinsam mit über 100 Zuhörerinnen und Zuhörern, bewährt moderiert von Dr. Arian Hamidi-Faal vom Circle Diplomatique, an diesem Abend stellte.
Grundsätzlich, so Dr. Portisch, befindet sich die Welt derzeit in einem Übergang zum „Kalten Frieden“. Zu Recht stellen sich Fragen wie soll sich das europäische Verhältnis zu Russland gestalten, was ist von den USA unter Präsident Trump noch zu erwarten, ist die Volksrepublik China auf den Weg zur Weltmacht oder welche Probleme sieht sich Europa und die Europäische Union gegenüber. Aber auch der Macht der neuen Medien in diesem Prozess des globalen Umbruchs ist entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken.
Zum Verhältnis zur Russischen Föderation meint Dr. Portisch, dass dies grundsätzlich die EU in Zukunft sehr beschäftigen wird. Gerade der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zeige, dass Europa und Russland kooperieren müssten. Putin wäre seiner Meinung nach für Gespräche bereit und würde auch mit der NATO reden. Es sei jedoch zu akzeptieren, dass Russland in der Ukraine „geboren“ wurde und Russland daher die Ukraine in der EU nicht toleriere werde. Es ist daher zu befürchten, dass Präsident Putin davon nicht abbringen lassen werde, gegen pro-europäische Bestrebungen in der Ukraine vorzugehen.
Zur Rolle der USA und Präsident Trump gefragt meint Dr. Portisch, dass Trump unberechenbar sei. Zum einen der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran, zum anderen die Angst Trumps vor Raketenkonstruktionen des Irans. Trump habe den Iran auf seiner schwarzen Liste. Es gehe um Machtspiele zwischen den USA und dem Iran. Portisch sieht dies als großen Konfliktherd. In Trumps Amtszeit werde auch noch die Entscheidung über Jerusalem (Anm.: Verlegung der US-Botschaft) fallen. Mit dieser Entscheidung, so Portisch, und die Aussage, wonach die Golan Höhen Israelisches Staatsgebiet seien, sind die Amerikaner als neutraler Vermittler im Nahen Osten ausgeschieden.
Auch die Annäherung zwischen dem Königreich Saudi-Arabien und den USA sieht Portisch kritisch zu mal hier im Gegensatz zum Iran mit zweierlei Maß gemessen werde. Grundsätzlich sieht er Trump als einen Friedensstörer, der, was zu befürchten ist, ein zweites Mal gewählt wird, weil viele seiner Stammwähler hinter ihm stehen werden.
Hinsichtlich der Zukunft Chinas meint Portisch, dass China auf dem besten Weg sei, eine Weltmacht zu werden. Ein Indiz hierfür sei das Seidenstraße Projekt, das Aufkauf von diversen Häfen und Afrikas griff nach chinesischem Geld. So gebe der Eisenbahnbau in Afrika zu denken. China liefert zwar den Beton und weitere Mittel, aber auch die chinesischen Arbeitskräfte. Dadurch benötigen die Chinesen keine Hilfe und seien auch keine Hilfe für die afrikanische Bevölkerung. Das Problem sieht Portisch darin, dass die afrikanischen Landesführer korrupt seien und die sogenannte „Hilfe“ der Chinesen annehmen um sich selbst zu bereichern. Bemerkenswert sei jedoch, dass der chinesische Führungsstil noch nicht in die afrikanischen Länder gebracht wird, aber es besteht die Gefahr, dass die Chinesen das noch machen werden.
Generell sei Afrika, so Portisch, ein „Kontinent der versäumten Gelegenheiten“. Wer Europa retten will, muss Afrika retten. Der Emigrantenstrom aus Afrika stellt eine große Herausforderung für Europa dar. Er sieht auch ein Problem in der fehlenden Bildung der afrikanischen Bevölkerung. Dem Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkl, einen „Marshallplan für Afrika“ zu entwickeln kann er nichts abgewinnen. In Afrika würde aufgrund fehlender Fachkräfte die Umsetzung eines „Marshallplans“ nicht funktionieren.
Zur Europäischen Union meinte Portisch, dass diese innerstrukturelle Probleme habe, insbesondere, dass Europa keine geeinte Außen- und Sicherheitspolitik habe. Auch der Brexit solle Europa nicht daran hindern, andere Probleme zu lösen. Bedauerlich findet Portisch hingegen die Entwicklung in Osteuropa, besonders in Ungarn und Polen. Er sieht in diesen beiden Ländern eine bedenkliche Entwicklung und einen undemokratischen Prozess. So werde die Bevölkerung in diesen Ländern durch undemokratische Mittel daran gehindert, ihren Unmut darüber zum Ausdruck zu bringen. Bedauerlich sei auch, dass Europa hier nicht direkt einwirken kann.
Zur Rolle und den möglichen Gefahren von neuen Medien und einseitigen Informationsquellen meinte Portisch, dass die rasche Nachrichtenübermittlung die Politik beeinflusst. Er sieht auch eine Gefahren in einseitigen Informationsquellen und der dadurch verbundenen fehlenden Objektivität, die von den neuen Medien ausgehe. Um zu entsprechenden Informationen zu gelangen, bedarf es einer richtigen Einschätzung und Filterung des vorhandenen Überangebots. Aus seiner Sicht gibt es aber keinen Ausweg bei der Benutzung dieser Medien. Man müsse sich daher den Möglichkeiten anpassen und lernen, die von den neuen Medien ausgehenden Gefahren zu überwinden, insbesondere bei digitalen Medien und den dort vorhandenen Überschuss an Fake News. Es sei durchaus eine Kunst mit Fake News umzugehen, wie uns der amerikanische Präsident und dessen Umgang mit den elektronischen Medien lehrt. Portisch sieht ein Problem darin, dass Trump Twitter, Facebook, etc. als Instrumente für seine Macht nutzt und gewisse Leute Trumps Einträge als bare Münze auffassen, weil sie „vom Präsidenten kommen“.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Dr. Portisch trotz der angesprochenen Entwicklungen nicht übermäßige Sorgen macht, es hätte schon schlimmere Zeiten gegeben. Auch wenn sich die globale Ordnung im Zustand eines „Kalten Friedens“ befindet, besteht dennoch die Möglichkeit, die Welt in Frieden neue zu ordnen.
27. Juni 2019 - Bildung-Macht-Religion, ein Spannungsfeld?
Unter diesem Titel veranstaltete das Institut für Offiziersweiterbildung gemeinsam mit dem Interreligiösen Forum Wiener Neustadt und dem Institut für Religion und Frieden ein Seminar im Rahmen der Reihe "Perspektiven 21".
Vergleichende Sicht von Religionen
Nach den Grußworten des Akademiekommandanten gestaltete Univ. Prof. DDr. Johann Figl das Impulsreferat. Religionswissenschaft habe zwei Anliegen, die Religionen von außen zu betrachten und eine vergleichende Sicht von Religionen zu ermöglichen, so der emeritierte Religionswissenschaftler an der Universität Wien. Der Prozess der Bildung sei eine Herzensbildung, die wiederholt wird. Die Macht von Religion sei geistig, aber soll auch in die politischen, sozialen und traditionellen Vorstellungen eindringen. Die eigentliche Macht führe zum Absoluten, zur transzendenten Wirklichkeit. In den 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert aus „Homo Deus - Eine Geschichte von Morgen“ von Yuval Harari, Professor für Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem, stehe Gott im Dienste der Nationen, die Identitäten brauchen, um die staatliche Macht zu unterstützen. Religion als Sinnerfüllung gegen irreführenden Machtanspruch müsse weitergebildet werden!
Die anschießende hochkarätige durch den Journalisten Arian Faal moderierte Diskussionsrunde mit Gregor Schwimbersky, Leiter des evangelischen Institutes für militärethische Studien, dem orthodoxen Erzpriester Alexander Lapin und Stefan Gugerel, Leiter des katholischen Institutes für Religion und Frieden, brachte viele Gemeinsamkeiten an den Tag. Macht sähe keiner mehr als „exekutiv“ eher im Dialog miteinander, man entdecke Möglichkeiten. Unter Bildung verstehe man eher „Vorbild“, Fachausbildung sei auch notwendig, Religion breche Grenzen, weil sie auf dem Menschlichen aufbaue und nicht auf dem Bürgerlichen. Die Diskussion ging dann in Richtung „Unterricht von Weltreligionen“ an den Schulen, wo man dank der Erläuterungen einer betroffenen Religionspädagogin in die Realität zurückgeholt wurde, dass an österreichischen Schulen aufgrund der Abmeldemöglichkeit in diesem Fach ein sehr geringer Prozentsatz diesen Unterricht besuche und Ethik sei noch immer kein Pflichtgegenstand. Religionsunterricht könne auch nur Wissen vermitteln, niemals den Glauben, der sei die Grundaufgabe der Eltern. Die Gefahr sei, dass man glaube, eine Bildung – also Wissen – zu haben, aber man besäße allerdings nur eine Meinung! Man habe Recht auf Bildung, den Willen zur Entfaltung aller Menschen, müsse man fördern!
8. November 2018 - BREXIT – die Nagelprobe der Europäischen Union?!
Am Donnerstag den 8. November 2018 wurde an der Theresianischen Militärakademie ein weiteres Gesprächsformat aus der Taufe gehoben – das Diskussionsformat „Perspektiven 21“: Ein ganz wesentliches Merkmal von „Perspektiven 21“ ist, im Unterschied zu den Theresianischen Gesprächen, dass der Diskurs mit den Gästen am Podium nicht nur gewünscht ist, sondern ein wesentlicher Bestandteil dieses Formats ist. Die Zielsetzungen sind: Information anzubieten, Wissen zu vermitteln und Kompetenz zu erweitern.
Für den Premiere Abend konnte die Theresianische Militärakademie den langjährigen Botschafter der Republik Österreich im Vereinigten Königreich und nunmehrigen Niederösterreichischen Landesrat Dr. Martin Eichtinger als Diskussionsgast zum Thema „BREXIT – die Nagelprobe der Europäischen Union?!“ begrüßen. Durch den Abend führte in bewährter Art und Weise Dr. Arian Hamidi-Faal
Eine komplexe Angelegenheit mit weitreichenden Folgen für die Union wie auch für Großbritannien (GB) selbst. Zum Zeitpunkt des Diskussionsabends lagen noch 140 Tage vor dem magischen Datum 27. März 2019. Schon damals hatte so mancher Beobachter den Durch- oder Überblick verloren hat – daran hat sich auch bis Oktober 2019 nichts geändert.
Das Ausscheiden Großbritanniens wird – und das scheint unwidersprochen – die Europäische Union wie auch das Vereinigte Königreich einiges an Substanz und Einfluss kosten und es wird mehr oder weniger große Verlierer auf beiden Seiten geben. Die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union bzw. deren Vorgängerorganisation der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft war immer sehr ambivalent und durchaus nicht frei von Friktionen, wie ein kurzen Blick zurück in die Geschichte der Britisch – Europäischen Beziehungen zeigt.
Die Beitrittsgesuche der britischen Regierung zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, kurz EWG, 1961 und 1967 scheitern am Veto des damaligen französischen Präsidenten De Gaulle. Erst 1971 gelingt es schließlich, diesen Widerstand zu überwinden und Großbritannien tritt der EWG bei – ohne das britische Volk in den Entscheidungsprozess einzubinden. Erst vier Jahre später, im Jahre 1975 wird eine Volksabstimmung durchgeführte. Bei einer Wahlbeteiligung von 64% entscheidet sich eine klare Mehrheit (67%) für diesen Beitritt. Trotz dieser klaren Volksentscheidung gibt es von Anbeginn skeptische bis feindselige Positionierung innerhalb der britischen politischen Elite. Ist es zu Beginn der linke Flügel der Labour Party, der ausgesprochen EWG kritisch eingestellt ist, verlagert sich diese Skepsis ab den 1980er Jahren zur Konservativen Partei, den Tories.
Ausschlaggebend hierfür ist der von führenden kontinentaleuropäischen Politikern wie dem EWG-Kommissionspräsidenten Jacques Delor oder dem französischen Präsidenten François Mitterrand und dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl eingeleitete Prozess einer Weiterentwicklung in Richtung einer politischen Union. Prominenteste und im Gedächtnis der meisten wohl am stärksten verankerte Kritikerin dieser Entwicklungen ist Margaret Thatcher. Als Premierministerin ist sie vehemente Gegnerin einer weiteren Vertiefung und Vergemeinschaftung der Union. Mit ihrer Aussage „I want my money back“ hat sie sich dabei in die Geschichtsbücher des europäischen Einigungsprojekts verewigt. Immer wieder versucht das Vereinigte Königreich Sonderregelungen oder „Opt-out-Klauseln“ zu erhalten – genug um heute von der britischen „Rosinenpickerei“ zu sprechen.
Ihre Nachfolger John Major, Toni Blair, Gordon Brown und schließlich David Cameron sehen sich in der Folge stets einem ambivalenten Verhältnis zwischen Zustimmung und Ablehnung zum Europäischen Einigungsprozess gegenüber. Spätestens aber mit dem Vertrag von Lissabon 2008 und der konservativen Alleinregierung unter Cameron, grundsätzlich pro EU eingestellt, gewinnen EU-Skeptiker innerhalb der Konservativen Partei zunehmend an Einfluss und mit ihnen auch die Idee eines EU-Referendums. 2013 kündigt schließlich Premier Cameron an, im Falle seiner Wiederwahl 2015, ein Referendum über den Verbleib in der EU abhalten zu lassen. Dieses Versprechen löste er 2016 ein.
Mit der Europawahl 2014, bei denen die EU-kritische Partei UKIP (Partei für die Unabhängigkeit des Vereinigten Königreichs) mit ihrem Spitzenkandidaten Neigl Farage, dem sich in der Folge der damalige Londoner Bürgermeister und spätere Außenminister und aktuelle Prime Minister Boris Johnson anschließt, als Wahlsieger hervorgehen, entbrennt eine bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekannte, von Fake-News getragene, Anti-EU Kampagne. Trauriger Höhepunkt dabei ist die Ermordung der Labour-Abgeordnete Jo Cox am 16. Juni 2016. Der Täter rief bei der Tat „BRITAIN FIRST“.
Versuche der britischen Führung, durch Verhandlungen in Brüssel für eine EU günstige Stimmung zu sorgen, bleiben erfolglos. Beim Referendum am 23. Juni 2016 sprechen sich 51,9% für einen Austritt und 48,1% für einen Verbleib aus. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,2%. Der Schock innerhalb wie außerhalb Großbritanniens ist enorm, niemand hatte offensichtlich mit diesem Ergebnis gerechnet. Unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 24. Juni 2016 tritt Cameron zurück, an seine Stelle tritt am 13. Juli Theresa May.
Gemäß Artikel 50 des Vertrages der Europäischen Union beantragt Großbritannien am 29. März 2017 offiziell den Austritt. Ab nun läuft eine Frist von zwei Jahren – Ende, mit oder ohne Vertrag – 27. März 2019! Am 8. November 2018 bedeutete dies, dass eben genau noch 140 Tage zur Verfügung stehen, um diesen Austritt mit einem entsprechenden Vertrag geregelt durchzuführen.
In seinem Einführungsstatement wies Dr. Eichtinger darauf hin, dass ein Jahr der Kampagnen das Land zu tiefst gespalten hat. So hätten 17 Millionen Britinnen und Briten für den Austritt gestimmt, 16 Millionen dagegen! Viele überzogene und sogar falsche Meldungen der BREXIT-Befürworter wie auch der Austrittsgegner führten zu einer starken Verunsicherung in der Bevölkerung. In Folge dessen gingen in erster Linie unerwartet viele ältere Menschen zur Abstimmung, die auch mit einem hohen Anteil Austrittsbefürwortern waren. Jüngere Bürgerinnen und Bürger wie auch BREXIT-Gegner waren hingegen vom Ausgang der Abstimmung überzeugt und blieben daher fern.
Ein nicht unwesentlicher Aspekt im Vorfeld zur Abstimmung war der propagierte starke Zuzug ausländischer Arbeitskräfte, vor allem in ländlichen Bereichen. Die daraus abgeleitete Angst vor Verlust der eigenen Souveränität veranlassten letztendlich viele Menschen, den Austritt aus der EU zu befürworten.
Wie bereits oben dargestellt wurde, wies auch Dr. Eichtinger auf die Sonderposition Großbritanniens hin, die es schon immer in der Europäischen Union innehatte. Zahlreiche Sonderregelungen und nicht zuletzt das Fernbleiben der Währungsunion der EU stärkten das Souveränitätsempfinden der Briten. So war in GB das Verhältnis zueinander stets von der eigenen Perzeption „We - and the EU“ geprägt.
Mit der Entscheidung für den BREXIT schwächte sich die Wirtschaft Großbritanniens unmittelbar deutlich ab. Mit einer Inflation von fast 3% könnten viele Kredite bereits nicht mehr bedient werden, so Eichtinger. Um dem entgegenzuwirken, kündigte Premierministerin May eine extensive Budgetpolitik im Bereich der Sozialleistungen an. Die Finanzmetropole London, die City of London, leitete bereits massive Vorsorgen für den bevorstehenden Austritt ein.
Nichts desto trotz darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich das Vereinigte Königreich nach wie vor als eine Weltmacht wahrnimmt. Obwohl es mit Japan derzeit das Schlusslicht der G7 Staaten ist, hält GB an seinem vermeintlich globalen Anspruch fest.
Für Dr. Eichtinger ist es bemerkenswert, das die 27 Mitgliedsstaaten der EU ein unerwartet geschlossenes Auftreten in der Brexit Frage gezeigt haben. Welche der drei Möglichkeiten, Abstimmung Neu - Geregelter Austritt - Austritt ohne Regelung, nun tatsächlich kommen wird wagte Echtinger zu diesem Zeitpunkt nicht vorherzusagen.
Es besteht nach wie vor sehr großes Interesse der britischen Regierung in einer Zusammenarbeit mit der EU, vor allem in Fragen des Militärs, der Polizei und der Wissenschaften. Die Frage der zukünftigen Grenze zwischen EU und GB, insbesondere jene zwischen der Republik Irland und Nordirland sowie Regelungen für Handelsabkommen und Personenfreiheiten spielen dabei eine ganz wesentliche Rolle.
Demgegenüber ist der Souveränitätsgedanke in der Bevölkerung, so Eichtinger, nach wie vor sehr stark verankert. Der Ausgang eines Referendums heute (8. November 2018) wäre trotz subjektivem Empfinden in Europa nach wie vor unklar. Er sei auch der Ansicht, dass ein „No Deal“ bis zum Jahresende 2018 entschieden werden sollte. Allein die Probleme der praktischen Zollabwicklung – 17.000 Kfz Abwicklungen pro Tag – die dabei entstehen würden, wären nahezu unlösbar. Diese Argumente sprechen für einen geregelten Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU.
Aus der Perspektive Herbst 2019 rückblickend muss leider zur Kenntnis genommen werden, dass sich die Hoffnung eines geregelten Austritts des Vereinigten Königreichs nicht erfüllt hat. Die britische politische Elite ist mehr denn je zerstritten und in parteiinterne Grabenkämpfe verstrickt. Der Rücktritt von Premierministerin May und die Übernahme von Boris Johnson hat diesen Zustand nicht entschärfen können. Es nicht abzusehen, ob es eben Boris Johnson gelingen wird, Großbritannien geregelt aus der EU zu führen. Sein innenpolitisches Vorgehen gegenüber parteiinternen Kritikern, die rechtswidrige Beurlaubung des Parlaments und seine unausgegorenen Ideen lassen massiv daran zweifeln.
Ebenso ist nicht zu erwarten, dass die Mitgliedstaaten der EU einem Aufschnüren des bereits einstimmig angenommenen Austrittsvertrages zustimmen würden.
Die Spekulationen über den weiteren Verlauf reichen mittlerweile von Antrag auf einen weiteren Aufschub und anschließenden Neuwahlen über Abhaltung eines zweiten Referendums bis hin zu Austritt ohne Vertrag mit anschließendem innerstaatlichen Chaos.
Dass sich das Vereinigte Königreich an einem Scheideweg befindet, ist offensichtlich. Egal welche Entscheidung getroffen wird, GB wird sich danach in einer völlig neuen und für sein bisheriges Selbstverständnis ungewohnten Position wiederfinden, im Inneren, wie im Äußeren – das Königreich ist tot – es lebe das Königreich?