"Didaktik der Militärwissenschaften"
Das diesjährige Theresianische Militärakademische Forum (TherMAF) fand von 6. bis 7. November 2019 statt. Erstmals wurde diese internationale, wissenschaftliche und themengebundene Vortrags- und Diskussionsveranstaltung im Rahmen des Wirkungsverbundes Militärhochschule durchgeführt. Der Wirkungsverbund Militärhochschule, welcher durch die Heeresunteroffiziers-, die Landesverteidigungs- sowie die Theresianische Militärakademie gebildet wird, soll erforderliche Synergien für die Ausbildung der Führungskräfte für das Österreichische Bundesheer schaffen. Synergie entspricht der Energie, welche für den Zusammenhalt und die gemeinsame Erfüllung von Aufgaben zur Verfügung steht. Viel Energie ist auch erforderlich, um die Führungskräfte des Österreichischen Bundesheeres, trotz finanzieller Einschränkungen, fit für die zukünftigen Herausforderungen zu machen.
Die Ausbildung der Führungskräfte für das Österreichische Bundesheer hat auf das internationale Umfeld sowie die intellektuelle Zusammenarbeitsfähigkeit besonders Rücksicht zu nehmen. Die Fähigkeit zum Führen durch Auftrag sowie das Handeln im Sinne des Ganzen muss durch die Absolventinnen und Absolventen wahrgenommen werden können. Zur Gewährleistung der erforderlichen Weiterentwicklung der Streitkräfte müssen vor allem die Akademien des Wirkungsverbundes durch Forschung und Entwicklung die Grundlagen für die Optimierung des zukünftigen militärischen Handelns zur Verfügung stellen.
Aus diesem Grund stand das tMAF in diesem Jahr unter dem Motto die Didaktik der Militärwissenschaften. Die zu beantwortende Fragestellung für die sich bewerbenden Referentinnen und Referenten im Rahmen des vorangegangenen „Call for Papers“ war: „Welche Unterschiede, Gemeinsamkeiten und mögliche Ansätze positiver Wechselwirkung ergeben sich aus dem Vergleich der (Fach-) Didaktiken in zivilen und militärischen Bildungseinrichtungen?“ Gefordert wurden sowohl theoretische, grundlegende Diskussionsbeiträge, aber auch Best-Practice Beispiele aus der Scientific Community.
Von den eingegangenen Bewerbungen wählte das Zulassungsgremium Bewerbungen für die Programmgestaltung von Referentinnen und Referenten
- der Universität Graz,
- der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich,
- der Fachhochschule Wiener Neustadt,
- der Ferdinand Porsche Fern FH sowie
- der Akademien des Wirkungsverbundes aus.
Den Abschluss der interdisziplinären Betrachtungen des ersten Veranstaltungstages bildete ein Blick über den Tellerrand. Der Vortrag der beiden „Ars docendi“ Staatspreisträgerinnen für innovative Lehrkonzepte an Österreichs Hochschulen der FHWN soll andere bzw. neue Sichtweisen ergründen und den Horizont erweitern. Dr.in Karin Wegenstein und Dr.in Karin Dobernig stellten ihr, in der Kategorie „Qualitätsverbesserung von Lehre und Studierbarkeit“, ausgezeichnetes Projekt vor.
Symposiumsabend „Didaktik meets Robotik“
Im Rahmen des Symposiumsabends wurden, neben der Netzwerkmöglichkeit, ausgewählte teilautonome Systeme und Roboter der modernen Arbeitswelt durch Oberstleutnant des Generalstabsdienstes Dr. Markus Reisner PhD vorgestellt. Reisner ist der Ansicht, dass „diese Maschinen zukünftig eine gewichtigere Rolle einnehmen und somit die Interaktion mit dem Menschen sowie die Didaktik nachhaltig beeinflussen werden.“
Bei dieser Veranstaltung präsentierte Joanneum Research einen Roboter für den Einsatz in Gesundheits- und Pflegeanstalten. Das Schweizer Unternehmen JDMT, ein Systemanbieter für medizinische Leistungen, präsentierte einen Ausbildungsroboter. Dipl.-Ing. Dr. Alexander Nemecek, Leiter des Robotik-Studienganges an der FHWN, demonstrierte ausgewählte Auszüge der Robotik, Automatisierungstechnik, Bildverarbeitung und Objekterkennung, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz. Das Weltmeisterteam der HTL Wiener Neustadt demonstrierte ihre erfolgreiche autonome Drohne. Mit dieser von Schülerinnen und Schülern entwickelten Drohne konnte bei der Global Conference on Educational Robotics in den USA, eine internationale Konferenz mit Wettbewerb im Bereich der mobilen Robotik, der Sieg des Vorjahres unter 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus drei Kontinenten wiederholt werden. Darüber hinaus wurden ausgewählte, bereits in Verwendung befindliche robotische Systeme im Aufklärungs-, Spür- und Kommunikationsbereich sowie der Minenräumung von Experten des Österreichischen Bundesheeres vom ABC-Abwehrzentrum bzw. der Heereslogistikschule demonstriert.
Die Didaktik der Militärwissenschaften
Am Beginn des zweiten Veranstaltungstages wurde durch Mag.a Julia Goldgruber und Dr. Kurt-Martin Lugger von der Universität Graz das Führungskräftelabor vorgestellt, welches in Kooperation mit dem FH-BaStg MilFü durchgeführt wird. Das geschützte „Labor-Umfeld“ ermöglicht es Führungskräften, Entscheidungen zu treffen und teilweise schmerzhafte Erfahrungen in unterschiedlich anspruchsvollen Führungssituationen zur Weiterentwicklung des persönlichen Führungsverhaltens zu sammeln. Anschließend daran stellte Prof. (FH) DI Dr. Martin Staudinger die Didaktik für ein Studium an der FernFH, mit Online Campus und lediglich sehr kurzen Präsenzphasen, vor.
Darauf folgten die ausgewählten Beiträge aus dem Wirkungsverbund Militärhochschule. Die Einleitung erfolgte durch Referenten der Landesverteidigungsakademie. Dr. Thomas Pankratz stellte zunächst das „Strategic Gaming“ als Methode der Strategielehre vor. Anschließend daran referierte Oberst des Generalstabsdienstes Mag. Jürgen Wimmer über den Erkenntnisgewinn durch die Anwendung der Aneignungsdidaktik zur Ableitung operativer und militärstrategischer Prinzipien von kriegsgeschichtlichen Beispielen.
Der Beitrag der Heeresunteroffiziersakademie wurde durch Oberst des höheren militärfachlichen Dienstes Mag. Andreas Kastberger präsentiert. Kastberger stellte Synergieprodukte des Wirkungsverbundes der Militärhochschule, wie die authentische Umsetzung einer Aneignungsdidaktik im Rahmen der neuen Lehrkräftequalifizierung im Österreichischen Bundesheer, vor.
Den Abschluss bildeten die ausgewählten Beiträge des Lehrpersonals des Fachhochschul-Bachelorstudiengang Militärische Führung (FH-BaStg MilFü) an der Theresianischen Militärakademie. Oberstleutnant Markus Fischer MA, MSD und Oberst Gerald Hoffmann MSD präsentierten die Unterstützungsmöglichkeiten verschiedener didaktischer Konzepte durch das im Bundesheer implementierte Lehrmanagementsystem SITOS Six.
Oberstleutnant Andreas Stumpf MA MSc stellte die in der Lehrveranstaltung „Führungstraining Einsatzart Schutz“ angewendete Lernmethode „Problem Based Learning“ vor. Damit wird die Einsatzbereitschaft der Absolventinnen und Absolventen für relevante Einsatzszenarien aufgrund aktueller Bedrohungen, welche die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden, Einsatzorganisationen und Unternehmen erfordert, bereits in der Offiziersgrundausbildung berücksichtigt.
Das Referat über „Game Based Learning in der Ausbildung von Führungskräften“, durch Oberst des Generalstabsdienstes Ing. Mag. (FH). Georg Kunovjanek MSD und Oberstleutnant Mag. (FH) Georg Maier, bildete den Abschluss der vorgestellten didaktischen Best-Practice Beispiele. Die demonstrierte entmilitarisierte Methode des Führungslernens durch Erfahrungslernen wurde bereits mehrmals erfolgreich mit einer militärischen Kohorte eingesetzt. Darüber hinaus wird dieses Spiel im Rahmen des „Combined Leadership Trainings“, welches gemeinsam mit der Universität Graz entwickelt wurde, angewendet.
Das TherMAF ist eine wesentliche Kommunikationsmöglichkeit im Wissenschaftsbetrieb des Wirkungsverbundes, mit Präsentations- sowie anschließender Diskussions- und Reflexionsmöglichkeit, zur Gewährleistung der erforderlichen Weiterentwicklung der zukünftigen Führungskräfteausbildung für die Streitkräfte. Das Symposium ermöglicht es dem Lehr- und Forschungspersonal ihre Erkenntnisse und Entwicklungsprodukte zur Zielerreichung vorzustellen und anschließend auszutauschen. Darüber hinaus können dabei wertvolle Kontakte geknüpft und gepflegt werden.
Aus diesem Grund wird der Wirkungsverbund Militärhochschule das TherMAF 2020 mit dem Titel „Die Kunst des Führens!“ von 4. bis 5. November 2020 an der Theresianischen Militärakademie durchführen. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie dazu begrüßen dürfen!
Bericht: Oberstleutnant Mag. (FH) Michael Moser