Die k.k. Militär-Pflanzschule zu Wien 1752 - 1769
Gleichzeitig mit dem "Adeligen Kadettenhaus" in Wiener Neustadt wurde auch die "Pflanzschule" gegründet und Feldzeugmeister Daun zu deren gemeinsamen Kommandanten bestimmt. Der nachstehende Beitrag schildert die Geschichte dieser bis 1769 bestehenden Schule, die der Vorbereitung auf die Ausbildung an der Militärakademie diente.
Nach dem Zweiten Schlesischen Krieg (1744 - 1745) entstanden im alten Österreich Überlegungen, für die Ausbildung junger Adeliger zu Offizieren ein Kadettenkorps zu gründen. Obwohl die Finanzierung schon sichergestellt war und man bereits Direktiven für eine derartige Anstalt ausarbeitete, kam es aber vorerst zu keiner Umsetzung. Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass der Adel diese Gelegenheit zur Erziehung seiner Söhne für den Offiziersberuf und deren spätere Unterbringung in der Armee nicht wirklich in Anspruch nehmen wollte. Den Wohlhabenden standen andere Anstalten zur Verfügung, deren Besuch eine allgemeine Bildung vermittelte, und die jungen Adeligen selbst zogen das ungebundene Leben auf den Landgütern dem Schulzwang vor.
Finanzierung
1751 griff man diese Idee erneut auf. Im November jenes Jahres wurde unter dem Vorsitz von Friedrich Wilhelm Graf von Haugwitz, damals Präsident des "Directorium in publicis et camerabilus" (Finanz- und politische Verwaltung) der österreichischen Länder, eine Kommission gebildet, welche die endgültige Finanzierung regeln sollte. Weitere Mitglieder dieser Kommission waren unter anderen der Feldzeugmeister Graf Leopold Daun, Graf Johann Chotek, sowie der niederösterreichische Landuntermarschall und Vorsteher der Chaos´schen Waisenhausstiftung, Karl Leopold Freiherr von Moser. Neben der Aufbringung der Geldmittel wurde von dieser Kommission angeregt, für die Unterbringung der zukünftigen Kadetten die landesfürstliche Burg in Wiener Neustadt zu nutzen. Die jährlichen Kosten für die Militärakademie wurden mit 95.094 Gulden, die für die Pflanzschule mit 16.500 Gulden veranschlagt. Das Geld für die Akademie sollte grundsätzlich dadurch aufgebracht werden, indem man bei jeder Kompanie der gesamten Armee die Position eines einfachen Soldaten einsparte. Die Mittel für die Pflanzschule kamen aus freiwerdenden Benefizien des "Collegio Theresiano" sowie aus Gebühren, welche die Geistlichkeit für den käuflichen Erwerb von Gütern zu bezahlen hatte.
14. Dezember 1751
Nachdem Maria Theresia den Vorschlägen der Kommission zugestimmt hatte, wurde am 5. Dezember 1751 Feldzeugmeister Daun zum Oberdirektor der zukünftigen Ausbildungsstätte ernannt, ebenso sollte er diese Funktion über eine gleichzeitig zu errichtende "Pflanzschule" zur Heranziehung von zukünftigen Offiziersanwärtern ausüben.
Mit 14. Dezember 1751 wurde die Anordnung zur Errichtung der Militärakademie und der Pflanzschule, verbunden mit der Aufforderung zur Namhaftmachung von zukünftigen Aspiranten verlautbart. Die einzelnen Länder hatten Verzeichnisse über die jungen Adeligen, die in eine der beiden Schulen aufgenommen werden wollten, zu erstellen. Ebenso hatten alle Regimenter der Kaiserin geeignete Kinder von Offizieren vorzuschlagen. Die Offiziere mussten dabei mindestens zehn Jahre mit entsprechender Leistung gedient haben.
Die neue Pflanzschule sollte abgesondert vom Kadettenkorps angesiedelt sein. Man errichtete daher auf den Gründen der Chaos´schen Stiftung, das ist der Bereich der heutigen Stiftskaserne im 7. Wiener Bezirk, ein eigenes Gebäude, den jetzigen "Sappeurtrakt". Ende September 1752 konnte dieser Bau seiner Bestimmung übergeben werden. Die Pflanzschule war ursprünglich für 100 Kinder von bedürftigen Adeligen und Offizieren, in einem Alter von 7 bis 13 Jahren gedacht. Da aber der Adel wenig Interesse zeigte, seine Kinder in dieser neuen Anstalt ausbilden zu lassen, verfügte Maria Theresia im September 1752, dass nur mehr Kinder von Offizieren in die Pflanzschule aufgenommen werden sollten.
Ziel der Bildungseinrichtung war es, wie schon erwähnt, ausgewählten Jugendlichen jene Basisausbildung zukommen zu lassen, die sie für eine spätere Ausbildung an der Militärakademie befähigen sollte. Der Unterricht an der Pflanzschule bestand aus Lesen, Schreiben, Rechnen, Latein, Französisch, Grundsätzen der Mathematik und Tanzen. Das Lehr- und Erziehungspersonal wurde ursprünglich aus zwei Hauptmännern, zehn Unteroffizieren, drei Latein- und einem Sprachlehrer, einem Tanzmeister und einem katholischen Geistlichen gebildet. Kost, Unterkunft und Kleidung waren frei.
Beitragsleistung der Stände
Hatte die Pflanzschule seitens des Adels ursprünglich wenig Zuspruch erhalten, so war dies nun mit der neuen Regelung offenbar anders. Der Zudrang von Aspiranten nahm beständig zu, sodass sich Maria Theresia entschloss, die Anzahl der Stiftungsplätze und die Räumlichkeiten zu erweitern sowie die Stände der Erbländer zur Leistung von finanziellen Beiträgen aufzufordern. Als Gegenleistung durften diese dafür je eine gewisse Anzahl von Zöglingen aus ihrem Bereich namhaft machen. So findet man in den Beständen des Kriegsarchivs in Wien beispielsweise Akten aus dem Jahr 1754, aus denen hervorgeht, dass die Stände von Nieder- und Oberösterreich. Böhmen, Mähren, Schlesien, Krain, Steiermark und Kärnten in diesem Jahr je zwischen 2.500.- und 15.000.- Gulden für die Pflanzschule zur Verfügung stellten. Auch der niederösterreichische Prälatenstand trug jährlich 500.- Gulden bei und hatte dafür Anspruch, Knaben für eine Ausbildung in der Pflanzschule vorzuschlagen. Die Stände der österreichischen Erbländer leisteten in der Folge einen jährlichen Beitrag von 40.500.- Gulden und durften dafür insgesamt 96 Stiftungsplätze besetzen. Maria Theresia erhöhte den Beitrag aus der Staatskasse auf 50.000.- Gulden und schuf damit vier zusätzliche Plätze, sodass die Pflanzschule nun insgesamt 200 Knaben aufnehmen konnte.
Erweiterung
Mit der Verdoppelung der Zöglinge waren auch strukturelle Veränderungen erforderlich. Im Juni 1754 wurden für die Pflanzschule jene Teile des Chaos´schen Stiftgartengrundes käuflich erworben, die nicht im Besitz der Herzogin von Savoyen waren. Dies betraf den größten Teil der heutigen Stiftskaserne und im speziellen den sogenannten "Mosertrakt". Im "Akademietrakt" entlang der Stiftsgasse befand sich damals die von der Herzogin Maria Theresia von Savoyen gegründete adelige Ritterakademie. Im November 1754 waren die Adaptierungsarbeiten im ehemaligen Chaos´schen Stiftungshaus (heute "Mosertrakt") soweit abgeschlossen, dass die Zöglinge der Pflanzschule hier einziehen konnten. Die Anstalt wurde nun in zwei Kompanien gegliedert und das Ausbildungs-, Verwaltungs- und Hauspersonal erweitert. Die Unterrichtsgegenstände wurden durch Geniewesen, Italienisch und Fechten ergänzt.
Verfasser
Hofrat Mag. Johann Bartl, erschienen in "Alt-Neustadt" 4/2015
Quellen und Literatur
- Bernhard von Poten, Militär-Erziehungs- und Bildungswesen in Österreich-Ungarn, Berlin 1893
- Friedrich Gatti, Geschichte der k.k. Ingenieurs- und k.k. Genie-Akademie, Wien 1901
- Österreichisches Staatsarchiv/Kriegsarchiv, Bestand "Militärschulen"