März 1945 - Die Bevölkerung von Wiener Neustadt erlebt den Krieg nun nicht nur durch die häufigen Luftangriffe, sondern die sich nähernde Front erhöht die Sorge um die Zukunft und das Überleben. Das Stadtgebiet wird schließlich sogar unmittelbares Kampfgebiet und am 2. April von der Roten Armee in Besitz genommen. Damit endete hier zwar der 2. Weltkrieg, nicht jedoch das Leid, der Kampf ums Überleben und die Sorgen um die Angehörigen.
75 Jahre danach - vom 2. März bis zum 2. April - stellen wir hier Tag für Tag die wichtigsten Ereignisse dieser schicksalshaften Zeit dar.
2. März 1945
In der im Jahr 1938 durch die Deutsche Wehrmacht übernommen Theresianischen Militärakademie werden nach wie vor Offiziere ausgebildet. Seit 1. Dezember 1942 trägt die Schule die Bezeichnung "Schule II für Fahnenjunker der Infanterie".
In 4 1/2-Monate dauernden Lehrgängen werden jeweils rund 1000 Offiziersanwärter ausgebildet. Die Offiziersanwärter sind in zwei Lehrgruppen und diese wiederum jeweils in vier Inspektionen gegliedert. Das Kommando der Schule befindet sich in der Burg, die Fahnenjunker sind in Baracken im Akademiepark untergebracht, seit März 1944 im neuen Lehrgangsgebäude (heute Daun-Kaserne).
Beim Luftangriff am 10. Mai 1944 hat die Burg zwei Bombentreffer im Süd-Ost-Trakt erhalten.
Auf Grund der Gefahr weiterer Luftangriffe werden die beiden Lehrgruppen nun in die Ortschaften zwischen Katzelsdorf und Pitten evakuiert und dort mit Masse in den jeweiligen Schulen untergebracht. Das Kommando verbleibt in der Burg - hier ist auch ein Luftschutzraum vorhanden.
3. März 1945
Seit dem 13. August 1943 wurden insgesamt zwölf Luftangriffe durch die 15. US-Luftflotte gegen Wiener Neustadt geflogen. Hauptangriffsziel waren die Wiener Neustädter Flugzeugwerke - Hauptlieferant des deutschen Standardjägers Messerschmitt Bf 109.
Ein weiteres wichtiges strategisches Ziel stellte der Wiener Neustädter Luftpark dar, der sich aus den Fliegerhorsten Wiener Neustadt West und Wiener Neustadt Ost sowie einer Luftwerft zusammensetzte. Der Luftpark diente als Drehscheibe für den Luftkrieg im Süden und Südosten von Europa und beherbergte auch immer wieder größere Kampfverbände der Luftwaffe.
Die Bomben der Amerikaner fielen jedoch nicht nur auf das Flugzeugwerk und den Luftpark, sondern richteten auch in anderen Industrieanlagen und in den Wohnviertel Schaden an. Die massiven Schäden am Produktionsstandort führten zur Verlagerung und Dezentralisierung der Flugzeugfertigung auf letztendlich 39 Standorte.
Nach der Zerschlagung der deutschen Luftrüstung rückte die Erdölindustrie in den Fokus der alliierten Planungen. Für Wiener Neustadt bedeutete dies vorerst ein Ende der großen Luftangriffe.
Ende 1944 verlagerten die Amerikaner ihre Luftangriffe auf Verkehrsknotenpunkte. Von Dezember 1944 bis Februar 1945 erfolgten drei Angriffe auf den Bahnhof. Wiener Neustadt war dabei meist nur als Ausweichziel deklariert, d. h. die Flugzeuge griffen nur dann an, wenn ein Bombardieren des eigentlichen Tageszieles aufgrund schlechten Wetters nicht möglich war.
Bei der Planungsbesprechung der 15. US-Luftflotte am 3. März 1945 wurden die Bahnanlagen von Wiener Neustadt jedoch als Prioritätsziel festgelegt.
4. März 1945
Die 15. US-Luftflotte hat am heutigen Tag die Bahnanlagen von Wiener Neustadt als Angriffsziel.
128 Bomber vom Typ B-24, begleitet von 51 P-51 Jagdflugzeugen, greifen zwischen 12.41 Uhr und 14.00 Uhr in sieben Wellen an und werfen insgesamt 793 Bomben ab.
Der Frachtenbahnhof wird schwer getroffen. Die Gleisanlagen sowie 105 Waggons werden zerstört oder beschädigt. Über mehrere Tage hinweg ist eine Verschubtätigkeit unmöglich.
Am Gelände der Fahnenjunkerschule schlagen 40 Bomben ein. Die Burg erhält in der Südwest-Ecke einen Treffer, das Lehrsaalgebäude (heute Daun-Kaserne) einen an der Südwest-Seite. Alle Gebäude haben schwere Dach- und Glasschäden.
Ein Volltreffer zerstört den Wasserturm.
5. März 1945
Der Luftangriff auf die Bahnanlagen am 4. März hat den Bahnverkehr zwar schwer beeinträchtigt, jedoch nicht zum Erliegen gebracht. Der Planungsstab der 15. US-Luftflotte setzt daher Wiener Neustadt erneut auf die Zielliste.
6. März 1945
Um die Ereignisse Ende März und Anfang April in der Buckligen Welt sowie im Steinfeld verstehen zu können, ist es nötig auch die Vorgeschichte dazu zu betrachten - diese begann am 6. März 1945 in Ungarn:
An diesem Tag beginnt die letzte Offensivoperation der Deutschen Wehrmacht - die Plattenseeoffensive.
Ziel ist die Ölvorkommen in der Gegend von Nagykanizsa - zu diesem Zeitpunkt Hauptlieferant für die deutsche Treibstoffproduktion - zu sichern. Dazu sollen die westlich der Donau befindlichen Teile der Roten Armee vernichtet werden.
Zur Durchführung wurde der Heeresgruppe Süd die 6. Panzerarmee, bestehend aus dem I. und dem II. SS-Panzerkorps zugeführt. Die 6. Panzerarmee soll mit der Operation "Frühlingserwachen" den Hauptschlag gegen die südöstlich der Linie Plattensee -Velencer See stehende 3. Ukrainische Front unter dem Kommando von Marschall Fjodor Tolbuchin führen und sie gegebenenfalls bis über die Donau zurückdrängen.
Die südlich des Plattensees stehende 2. Panzerarmee soll unter dem Tarnnamen „Eisbrecher“ bei Nagybajom angreifen.
Die in Jugoslawien stehende Heeresgruppe E soll zeitgleich mit dem Angriff der 6. Panzerarmee die Drau nach Norden überschreiten und in die Ebene zwischen der Drau und Donau einfallen. Dieses Unternehmen trägt den Namen „Waldteufel“.
7. März 1945
Tauwetter, Frostaufbrüche der befestigten Straßen, Verschlammung der Wege und des Geländes behindern den Angriff der deutschen Truppen mehr als der russische Widerstand.
Dem I. SS-Panzerkorps gelingt ein Einbruch in die feindliche Verteidigungslinie. Infolge der Unbefahrbarkeit des Geländes abseits von befestigten Straßen kann der Erfolg aber nicht ausgenutzt werden.
8. März 1945
Die für eine Angriffsoperation mit gepanzerten Kräften ungünstigen Wetterverhältnisse spiegeln sich auch in der Ausfallsstatistik wieder. Von 387 Panzern der 6. Panzerarmee befinden sich 205 in der Instandsetzung, nur vier sind total verloren gegangen. Die katastrophalen Gelände- und Straßenverhältnisse haben eine viel zu hohe Ausfallsquote – meist Motoren- und Getriebeschäden – verursacht.
Die 3. Ukrainische Front hat die Absichten der Heeresgruppe Süd erkannt und führt in die bedrohten Räume Reserven zu.
Der Heeresgruppe E gelingt es nicht die Brückenköpfe über die Donau auszuweiten. Auf Grund der Verstärkungen beim Feind beschränkt man sich auf das Halten der Brückenköpfe. Das Unternehmen „Waldteufel“ ist damit gescheitert.
9. März 1945
Temperaturen unter 0 Grad erleichtern Bewegungen gepanzerte Fahrzeuge. Im Angriffsraum der 6. Panzerarmee gelingt dem I. SS-Panzerkorps ein 12 km tiefer Einbruch.
Der Anfangserfolg der deutschen Offensive lässt Marschall Fjodor Tolbuchin, den Kommandanten der 3. Ukrainischen Front, Überlegungen zur Rücknahme seiner Kräfte auf das ostwärtige Ufer der Donau anstellen. Stalin lässt ihm die Option frei, stellt ihm jedoch ihn Aussicht, dass der 3. anstatt der eigentlich vorgesehenen 2. Ukrainischen Front die Ehre der Eroberung Wiens zukommen werde, wenn die Abwehr der deutschen Offensive gelinge. Die 9. Gardearmee wird hierzu Tolbuchin unterstellt.
10. März 1945
Das wiedereinsetzende Tauwetter macht die Hoffnung auf einen Einsatz der Panzer und Sturmgeschütze zunichte.
Die Verzögerung und Verlangsamung deutschen Angriffes lässt der 3. Ukrainischen Front ausreichend Zeit genügend Kräfte heranzuführen und Abwehrstellungen zu verstärken.
11. März 1945
Zum Lehrpersonal der Fahnenjunkerschule gehört auch der spätere österreichische Bundespräsident Rudolf Kirchschläger.
Ende 1940 war Kirschschläger als Leutnant Zugführer eines Granatwerferzuges im Infanterieregiment 130. Ab dem ersten Tag des Russlandfeldzuges stand er im Einsatz an der Ostfront. Im Juli 1942 wurde er Kompaniechef. 1942 zum Oberleutnant befördert musste er das Bataillon übernehmen. Am 4. Februar 1943 wurde er schwer verwundet. Erst im Spätherbst 1944 aus dem Lazarett entlassen wurde Kirchschläger als nicht mehr kriegsverwendungsfähig eingestuft. Um seine Einsatzerfahrungen jedoch zu Nutzen wurde Kirchschläger unter gleichzeitiger Beförderung zum Hauptmann an die Fahnenjunkerschule nach Wiener Neustadt versetzt.
Hauptmann Kirchschläger dient als Chef der 5. Inspektion und Taktiklehrer. Eine in den Offiziershäusern zugewiesene Wohnung für ihn und seine Familie konnte er auf Grund eines Bombenschadens nicht beziehen.
12. März 1945
Das heutige Angriffsziel der 15. US-Luftflotte ist die Ölraffinerie Wien-Floridsdorf.
Am Rückflug werfen 11 Bomber vom Typ B-24 insgesamt 86 Stück 500 Pfund-Bomben auf Wiener Neustadt, die meist auf Felden außerhalb des Stadtgebietes einschlagen. Es entstehen daher nur geringe Schäden.
13. März 1945
Gegenangriffe der Russen machen die deutschen Erfolge der beiden Vortage zunichte.
Die 6. Panzerarmee hat in den sieben Angriffstagen nicht unbeträchtliche Verluste erlitten und zeigt nun Ermüdungserscheinungen.
14. März 1945
Das heutige Angriffsziel der 15. US-Luftflotte sind eigentlich die Bahnanlagen von Bruck a.d. Mur. Auf Grund der geschlossenen Wolkendecke über dem Ziel wird als Alternativziel jedoch Wiener Neustadt angeflogen.
Von 11.15 Uhr bis 14.27 Uhr werfen die in acht Wellen anfliegenden 285 Bomber vom Typ B-24 und B-17 insgesamt 2.550 Bomben ab. Da das Ziel auf Grund der fehlenden Erdsicht nicht optisch, sondern mittels Radar bestimmt wird, ist der Bombenabwurf sehr unpräzise. Getroffen werden daher nicht nur die Wiener Neustädter Flugzeugwerke, sondern vor allem das Stadtzentrum und Wohnviertel.
Die St. Georgs-Kathedrale sowie die Ostseite der Burg erhalten mehrere Bombentreffer. Im Haus Hauptplatz 24 sterben 100 Personen. Eine Bombe durchschlug das Dach und die oberen Stockwerke und explodierte in dem, im Keller untergebrachten, öffentlichen Luftschutzkeller. 40 Menschen sterben in einem Luftschutzkeller in der Berufsschule in der Schneeberggasse. 131 Häuser werden total zerstört, 186 schwer beschädigt. Die Wasserversorgung ist auf längere Zeit unterbrochen.
Am Plattensee hat die 6. Panzerarmee auf einer Breite von 50 km einen Tiefengewinn von 30 km erzielt. Die Stoßkraft ist jedoch erschöpft und die letzten Reserven sind eingesetzt.
15. März 1945
Wieder Fliegeralarm! Um 11.21 Uhr beginnend greifen 111 B-24 in sechs Wellen die Bahnanlagen an und werfen 797 250-Kilo Bomben ab. 130 Treffer am Bahngelände haben die gänzliche Einstellung des Bahnverkehrs zur Folge.
Um eine Instandsetzung und Wiederaufnahme des Bahnverkehrs zu verhindern sieht der Planungsstab der 15. US-Luftflotte für den 16. März einen weiteren Angriff auf Wiener Neustadt vor.
Am Plattensee geht die 6. Panzerarmee dazu über den Angriff zu beenden und das gewonnene Gelände zu halten. Sie erhält die Genehmigung das I. SS-Panzerkorps herauszulösen um es zur Stärkung der in Bedrohung geratenen linken Flanke einsetzen zu können.
16. März 1945
Die Wichtigkeit der Wiener Neustädter Bahnanlagen und ihre hohe Belegung mit Versorgungsgütern für die ungarische Front führt zu einem erneuten Angriff, der 8. auf den Bahnhof und insgesamt der 15. auf Wiener Neustadt.
151 B-17 und B-24 werfen in sechs Wellen zwischen 12.00 Uhr und 13.53 Uhr insgesamt 1.162 250-Kilo Bomben ab. 180 Treffer auf den Bahnanlagen machen den Rangierbetrieb für 14 Tage unmöglich. Ein- und Durchfahrten sind für 48 Stunden unterbrochen. Schwere Treffer im Gasrohrnetz lassen die Gasversorgung für drei Wochen ausfallen. 80 Bomben treffen das Gelände der Fahnenjunkerschule. Das Lehrgangsgebäude, Baracken im Akademiepark sowie ein Stallgebäude erhalten Direkttreffer.
Wiener Neustadt war nun den dritten Tag in Folge von den alliierten Bomberverbänden angegriffen worden. Auch für den 17. März rechnet man mit einem Angriff. Viele Neustädter verlassen daher die Stadt, um in den umliegenden Wäldern Schutz zu suchen.
Um 14.45 Uhr beginnt die Rote Armee die „Wiener Operation“.
Die 3. Ukrainische Front tritt mit der 4. und 9. Gardearmee nördlich des Velencer-Sees zur Gegenoffensive an. Deren Überlegenheit gegenüber der Heeresgruppe Süd beträgt 4:1. Ziel ist es die deutschen Kräfte südlich der Seen-Enge einzuschließen. Nördlich davon greift die 2. Ukrainische Front mit der 46. Armee aus dem Raum Bicske – Csakvar durch das Vertes-Gebirge Richtung Györ an.
17. März 1945
Die im Vertes-Gebirge eingesetzten ungarischen Truppen halten dem Druck der russischen Angreifer nicht stand. Teilweise verlassen ganze Verbände einfach die Stellungen. Es entsteht so eine 10 km breite Lücke in der Front.
Reaktionen auf die veränderte Lage werden dadurch erschwert, dass jede Änderung des Einsatzes von Verbänden durch Adolf Hitler genehmigt werden muss.
18. März 1945
39 P-51 führen Tieffliegerangriffe gegen den Bahnverkehr und Gelegenheitsziele zwischen Graz und Wiener Neustadt durch.
Lageentwicklung in Ungarn:
Die Heeresgruppe Süd gruppiert um, um die Lage zu bereinigen. Das I. und II. SS-Panzerkorps werden zur Abriegelung des russischen Einbruchs im Vertes-Gebirge herausgelöst.
Da nun das I., II. und IV. SS-Panzerkorps in diesem Frontabschnitt im Einsatz stehen, entscheidet die Heeresgruppe Süd, dass die Armeeoberkommanden der 6. Armee und der 6. Panzerarmee die Verantwortungsbereiche zu tauschen haben. Mit Wirksamkeit 19. März 1945, 14.00 Uhr ist daher die 6. Panzerarmee (I., II., IV. SS-Panzerkorps, 3. Ungarische Armee) verantwortlich für den Abschnitt Velencer-See bis zur Donau, die 6. Armee von der Südwest-Spitze des Velencer-Sees bis zum Nordufer des Plattensees. Die Krise bei der 6. Armee wird somit zur Krise der 6. Panzerarmee!
Die Heeresgruppe E beginnt damit die Drau-Brückenköpfe zu räumen.
19. März 1945
Lage in Ungarn: Die Absicht der 6. Panzerarmee ist es durch einen Angriff mit dem I. SS-Panzerkorps die Front auf Höhe Szekesfehervar wiederherzustellen. Die 6. Panzerdivision soll durch einen Angriff Richtung Mor den Feind ins Vertesgebirge zurückwerfen. Das II. SS-Panzerkorps soll vorerst den Feindansatz auf Komorn abriegeln und nach dem Eintreffen der 9. SS-Panzerdivison offensiv werden und den Raum zwischen Mor und Kocs zurückgewinnen. Die Divisonen des Korps werden dazu in einen Bereitsstellungsraum nördliche Kisber verlegt.
Der rasche Vorstoß der Russen kommt aber allen Planungen zuvor. Kämpfe mit den russischen Angriffsspitzen bereits beim Bezug der Bereitstellungsräume machen ein Offensivwerden unmöglich.
20. März 1945
Die eigentlichen Ziele der Bombenangriffe des heutigen Tages sind die Ölraffinerien und Tanklager von Korneuburg und Kagran sowie die Nibelungenwerke in St. Valentin.
Zwölf B-17 können jedoch das Ziel bei Korneuburg nicht ausmachen und greifen deshalb beim Rückflug die Eisenbahnanlagen von Wiener Neustadt als Ausweichziel an. Die Masse der 120 abgeworfenen Bomben verfehlt das Ziel und richtet kaum Schaden an. Für die Bevölkerung von Wiener Neustadt aber ein weiterer Tag in den Luftschutzkellern.
21. März 1945
Die 15. US-Luftflotte (15th Air Force) wurde am 30. Oktober 1943 in Tunesien aufgestellt. Sie setzte sich zusammen aus fünf Bombergeschwadern und zwei Jagdgeschwadern. Ende 1944 verfügte die 15. US-Luftflotte über rund 1500 Bomber der Typen B-17 und B-24 sowie rund 700 Jagdbomber P-38 und Jäger vom Typ P-51.
Wurden die Einsätze anfänglich von Tunesien aus geflogen, nutzte man ab November 1944 Flugplätze in Apulien (Süd-Italien). Zusätzlich zur 15. US-Luftflotte flogen von Italien aus auch die rund 100 Bomber der Typen Wellington, B-24 und Lancaster der 205. Gruppe der Royal Air Force (No. 205 (Heavy Bomber) Group) Einsätze gegen Ziele in Österreich.
Zwischen den beiden Nationen gab es wesentliche Unterschiede in der Einsatzführung. Während die Amerikaner ihre Einsätze bei Tag durchführten, flogen die Briten bei Nacht. Die Amerikaner legten grundsätzlich nur militärische Ziele fest. Wenn die visuelle Zielansprache auf Grund von Wolken nicht möglich war, erfolgten die Angriffe unter Verwendung von Radarzielgeräten. Diese waren jedoch äußerst unpräzise. Das Einschlagen von Bomben auch in Wohngebieten war die Folge. Ebenso stand die Durchführung der Luftangriffe aus sehr großen Höhen um der deutschen Fliegerabwehr zu entgehen der geforderten Präzision entgegen. Die Briten hingegen führten bewusst Flächenbombardements durch um die Bevölkerung zu zermürben und setzten dazu auch Brandbomben ein.
22. März 1945
Die 15. US-Luftflotte hatte im März 1945 nicht nur ihren zahlenmäßigen Höchststand an Flugzeugen und Personal, sondern flog in diesem Monat auch die meisten Einsätze. Damit sollte dem Deutschen Reich der endgültige k.o.-Schlag versetzt werden. Die Hälfte der Einsätze wurde gegen Ziele in Österreich geflogen.
Die nachstehen Übersicht zeigt die Einsätze und deren Ziele und lässt erahnen wie sehr die Bevölkerung in Österreich unter den ständigen Luftangriffen gelitten hat.
- 1. März: Hydrierwerk Moosbierbaum
- 2. März: Bahnanlagen von Linz
- 3. März: Tieffliegerangriffe gegen den Bahnverkehr in der Steiermark
- 4. März: Bahnanlagen von Wiener Neustadt und Graz
- 5. März: Nachtangriff der Royal Air Force auf Graz
- 8. März: Bahnanlagen von Kapfenberg
- 9. März: Bahnanlagen von Graz und Kapfenberg
- 12. März: Großangriff mit 1.080 Bombern gegen die Raffinerie Floridsdorf. Die Bahnanlagen von Wiener Neustadt und Kapfenberg dienen als Ausweichziel
- 13. März: Tieffliegerangriffe gegen den Bahnverkehr in ganz Österreich
- 14. März: Bahnanlagen von Wiener Neustadt
- 15. März: Raffinerien Moosbierbaum, Floridsdorf und Schwechat, Bahnanlagen von Wiener Neustadt, Graz, Bruck a.d. Mur, St. Pölten und Mürzzuschlag
- 16. März: Bahnanlagen von Wiener Neustadt, Amstetten, St. Veit a.d. Glan und Graz, Raffinerien Floridsdorf und Schwechat
- 18. März: Tieffliegerangriffe gegen den Bahnverkehr auf der Südbahn zwischen Graz und Wiener Neustadt
- 20. März: Raffinerien Korneuburg und Kagran, Nibelungenwerke St. Valentin, Bahnanlagen von Wels, Amstetten, St. Pölten, Klagenfurt und Wiener Neustadt. Nachtangriff der Royal Air Force auf Bruck a.d. Mur
- 21. März: Raffinerien Floridsdorf, Kagran und Schwechat, Bahnanlagen von Klagenfurt, Villach, Bruck a.d. Mur und Graz
- 22. März: Wiener Ostbahnhof und die gesamte Ostbahn, Bahnanlagen von Wels, Klagenfurt, Zeltweg und Graz. Nachtangriff der RAF auf Villach
- 23. März: Raffinerie Kagran, Bahnanlagen von Gmünd, St. Pölten und St. Valentin
- 24. März: Nachtangriff der Royal Air Force auf St. Veit a.d. Glan
- 25. März: Fliegerhorst Wels. Nachtangriff der Royal Air Fotce auf Villach
- 26. März: Bahnanlagen von Wiener Neustadt, Straßhof a.d. Nordbahn, Bruck a.d. Leitha. Tieffliegerangriff gegen den Bahnverkehr zwischen Wien und Wiener Neustadt
- 30. März: Wiener Nordbahnhof, Bahnanlagen von Graz und Klagenfurt
- 31. März: Bahnanlagen von Linz und Villach
Mit 31. März 1945 endeten im Ostteil Österreichs die strategischen Luftangriffe der Amerikaner und Briten. Doch für die Bevölkerung bedeutete dies nicht das Ende der Fliegeralarme - es folgte nun die taktische Luftunterstützung durch die sowjetischen Flugzeuge.
23. März 1945
Lage in Ungarn: Die Absicht der 3. Ukrainischen Front die deutsche 6. Armee südlich des Plattensees einzukesseln ist misslungen. Der 6. Armee ist es gelungen sich durch einen 2,5 km breiten Korridor zu retten. Die Armee steht nun nördlich des Plattensees und lehnt sich mit ihrem rechten Flügel an den See an, der linke Flügel reicht bis Veszprém.
Im Anschluss nach Norden folgen im Bakony-Wald die Reste der 6. Panzerarmee. Im unübersichtlichen Waldgelände eingesetzt, müssen große Lücken in Kauf genommen werden. Aus diesem Grund fordert die 6. Panzerarmee vehement die Überführung der 9. SS-Panzerdivision. Diese Division ist eigentlich Teil des II. SS-Panzerkorps, befindet sich aber immer noch im Verantwortungsbereich der 6. Armee. Ebenso gefordert wird die Abgabe der Teile der 1. SS-Panzerdivision, welche in den Verantwortungsbereich der 6. Armee abgedrängt wurden.
Trotz Befehl durch die Heeresgruppe Süd weigert sich der kommandierende General der 6. Armee, General Balck, dies durchzuführen. Der Funkspruch des Kommandanten der 9. SS-PD „Division restlos zerschlagen“ erübrigt die Sache letztendlich. Bezüglich der Teile 1. SS-Panzerdivision erhält die 6. Panzerarmee die Genehmigung die Teile ohne Absprache mit der 6. Armee abzuziehen.
Mit Erreichen der Linie Veszprem – Kisber ist aus sowjetischer Sicht die erste Phase der „Wiener Operation“ abgeschlossen.
24. März 1945
Das letzte Aufgebot: Der Volksstum
Die Bildung des Deutschen Volkssturms wurde am 18. Oktober 1944 bekannt gegeben. Er wurde nach einem von der NSDAP ausgehenden propagandistischen Aufruf an alle waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren außerhalb der vorherigen Wehrpflicht gebildet, um den „Heimatboden“ des Deutschen Reiches zu verteidigen.
Das Aufgabengebiet des Volkssturmes umfasste in erster Linie Bau- und Schanzarbeiten, Sicherungsaufgaben und die Verteidigung von Ortschaften, zumeist in unmittelbarer Heimatgegend.
Der Volkssturm wurde nur notdürftig ausgerüstet und ausgebildet, weshalb der Kampfwert äußerst gering war. Bis März 1945 haben auf dem Gebiet der Ostmark nur 6.300 Mann eine 12-wöchige Ausbildung erhalten.
Aus dem aus dem Kreis Wiener Neustadt gebildeten Aufgebot wurde ein Volkssturmbataillon gebildet. Die meisten Angehörigen dieses Aufgebots waren über 50 Jahre alt.
Der Bedarf an Arbeitskräften für die Aufräumarbeiten nach den Bombardierungen sowie für den Arbeitseinsatz in der Reichsschutzstellung hatte am 9. März die Entlassung aller Volkssturmmänner zur Folge.
Lage in Ungarn:
Zwischen der 6. Armee und der 6. Panzerarmee besteht kein Anschluss mehr und im Bereich des I. SS-Panzerkorps kann im unübersichtlichen Gelände nur stützpunktartig ohne unmittelbaren Zusammenhalt verteidigt werden. Umfassungen und Überflügelungen zwingen daher laufend weiter zurückzugehen.
Auf Grund des Scheiterns der Plattenseeoffensive wird der Kommandant der Heeresgruppe Süd, General Otto Wöhler, abgelöst und durch Generaloberst Lothar Rendulic ersetzt.
25. März 1945
Der Volkssturm wird zur Besetzung der Reichsschutzstellung alarmiert.
Auf Grund der Lageentwicklung an der Ostfront wurden am 1. September 1944 die Gauleiter mit der Durchführung von Maßnahmen zur Errichtung von Befestigungen an der Reichsgrenze beauftragt. Bereits Mitte September 1944 standen 30.000 Arbeitskräfte aus Wien und Niederösterreich im Arbeitseinsatz zur Errichtung der Reichsschutzstellung, auch Südostwall genannt.
Von Preßburg im Norden entlang der Reichsgrenze zu Ungarn bis nach Bad Radkersburg war die Errichtung eines Verteidigungssystems geplant. Den Kern sollte ein Panzergraben bilden, die Verteidigung sollte aus einer A- und einer B-Linie erfolgen. Die Erkundung und das Festlegen der Stellungen erfolgte durch Wehrmachtsdienststellen, der Ausbau oblag der Zuständigkeit der Gauleiter. Diese Zusammenarbeit gestaltete sich schwierig.
Obwohl im Jänner 1945 im niederösterreichischen Abschnitt 83.000 und im steirischen Abschnitt 50.000 Arbeiter im Einsatz standen, wurde das Stellungssystem nur an wenigen Stellen fertiggestellt. Infanteriesperren fehlten völlig. Der Verteidigungswert war deshalb als nur gering einzustufen. Schlecht ausgebildet, ohne schwere Waffen, teilweise nur mit 20 Schuss ausgerüstet erhöhen die nun in der Reichsschutzstellung eingesetzten Volkssturmmänner deren Wert auch nicht.
Lage in Ungarn:
Die Rote Armee beginnt die Phase 2 der "Wiener Operation".
Im Bereich der 3. Ukrainischen Front hat die 9. Gardearmee die Aufgabe über Papa auf Sopron vorzustoßen, die 6. Gardepanzerarmee auf Köszeg und die 26. Armee auf Szombathely. Zur Bindung der 2. Panzerarmee hat die 27. Armee den Auftrag erhalten südlich des Plattensees herum auf Zalaegerszeg vorzugehen. Die im Kampf um Szekesfehervar stark abgenutzte 4. Gardearmee wird aufgefrischt und hat der 9. Gardearmee zu folgen.
Absicht der 2. Ukrainischen Front ist es mit der 46. Armee über Györ in die Brucker Pforte vorzustoßen. Nördlich der Donau sollen die 7. Gardearmee und die 53. Armee in Richtung Pressburg angreifen.
26. März 1945
Der 11. Angriff auf den Bahnhof von Wiener Neustadt:
245 Bomber der Typen B-17 und B-24 greifen zwischen 10.53 Uhr und 11.15 Uhr in 18 Wellen an. Wegen eines Berechnungsfehlers schlagen die Bomben der 1. Welle um 500 Meter vom eigentlichen Ziel nach Osten versetzt ein - somit mitten im Stadtgebiet. 63 Häuser werden total zerstört, 56 Häuser schwer beschädigt. Darunter auch das Landesgericht und der Schlachthof.
Sieben B-17 werfen ihre Bombenlast auf Grund einer Orientierungsfehlers anstatt auf den Bahnhof von Wiener Neustadt mitten über dem Stadtgebiet von Neunkirchen ab. Getroffen wird dabei auch das Krankenhaus von 30 Bomben. Es sind 37 Tote (34 Patienten und drei Krankenschwestern) zu beklagen. Zahlreiche Personen werden verletzt. Eine Weiterführung des Krankenhauses ist durch Treffer in den linken Seitentrakt und im Mitteltrakt unmöglich.
Rund drei Stunden nach dem Angriff erfolgt ein erneuter Angriff. Mehrere B-24 und B-17 wählen Wiener Neustadt als Ausweichziel. Es folgt eine weitere Stunde von Angriffen in insgesamt vier Wellen.
Am heutigen Tag fallen insgesamt 6.500 Stück 100-Pfund-Bomben auf die Stadt.
Der Ein- und Ausfahrbahnhof sowie der Frachtenbahnhof sind dem Erdboden gleichgemacht, doch am Hauptbahnhof ist noch ein Betrieb möglich. Bei der abendlichen Planungsbesprechung der 15. US-Luftflotte wird daher Wiener Neustadt für den 27. März 1945 neuerlich auf die Zielliste genommen.
Lage in Ungarn:
Die Lücke zwischen der 6. Armee und der 6. Panzerarmee kann nicht geschlossen werden. Die Heeresgruppe Süd beabsichtigte am 25. März die ungehindert nach Westen vorstoßenden Russen durch den Einsatz der 1. Volksgebirgsdivision in einer Riegelstellung bei Janoshaza aufzufangen. Die anmarschierende Division gerät jedoch bei Szombathely in einen Luftangriff und wird verzögert.
Am 26. März gelingt Teilen der 9. Gardearmee bei Cselldömölk ein Überschreiten des Marczal-Kanals. Der geplante Aufbau einer durchgehenden Hauptkampflinie an diesem Hindernis ist daher nicht mehr möglich.
Die Lücke zwischen der 6. Armee und der 6. Panzerarmee beträgt nun bereits 15 Kilometer.
27. März 1945
Dichter Nebel auf den Flugplätzen der 15. US-Luftflotte sowie eine geschlossene Wolkendecke über Wiene Neustadt lassen den für heute geplanten Angriff nicht zu. Er wird auf den 28. März verschoben.
Lage in Ungarn:
Das I. SS-Panzerkorps steht an der Raab, die jedoch nördlich und südlich bereits von den Sowjets überschritten ist.
Ein Vorstoß in den Nordteil von Györ trennt die Verbindung zwischen dem II. SS-Panzerkorps und dem XXXXIII. Armeekorps, welches in Folge der 8. Armee unterstellt wird. Diese räumt den Brückenkopf Komorn.
28. März 1945
Alarmierung der Fahnenjunkerschule
Schlechtes Wetter lässt den für heute geplanten Luftangriff der 15. US-Luftflotte auf den Hautptbahnhof und den Fliegerhorst von Wiener Neustadt nicht zu. Da auch die Wettervorhersage für den 29. März nicht gut ist, wird der Angriff auf den 30. März verschoben.
Lage in Ungarn:
Der Gesamteindruck, den die Heeresgruppe Süd macht, ist wenig Hoffnung gebend. Es ist eine Ansammlung von rund 100.000 Mann Kampftruppe und sieben Mal so viel Wehrmachtsanghörigen, die sich hinter der Front aufhalten. Die Fronttruppen sind demoralisiert, abgekämpft und nur mehr vom Wunsch getrieben, nicht in sowjetische Gefangenschaft zu geraten.
Alle nach Westen führenden Straßen sind von Trossen und Flüchtlingen überfüllt. Seit 25. März führen diese Kolonnen auch über die Reichsgrenze hinweg und passieren so auch Wiener Neustadt. Die durch die Stadt ziehenden Menschen sind von den Zerstörungen durch die Luftangriffe entsetzt. Auch der Großteil der Wiener Neustädter hat die Stadt bereits verlassen.
Das Oberkommando der Wehrmacht ergreift Maßnahmen, um die Lücke zwischen der 6. Armee und der 6. Panzerarmee - das in das Reich führende offen stehende Tor - zu schließen. Aus Genesenen und Versprengten gebildete Alarmeinheiten, Polizeiverbände,... werden in Marsch gesetzt, Stäbe werden ausgedünnt und mit dem so gewonnen Personal neue Einheiten gebildet, und auch die Fahnenjunkerschule wird alarmiert. Die Ausbildung wird eingestellt, die Vorbereitungen für einen Einsatz getroffen.
Zur Absicherung der rechten Flanke für den raschen Vorstoß der 9. Gardearmee und der 6. Gardepanzerarmee bringt Marschall Tolbuchin die aufgefrischte 4. Gardearmee gegen das I. SS-Panzerkorps zum Einsatz.
29. März 1945 - Gründonnerstag
"Wir sind die große Linie überschritten!" lautet die Meldung der 6. Garde-Panzerarmee, deren Soldaten um 11.05 Uhr kampflos die Reichsgrenze bei Klostermarienberg überschritten haben.
Die A-Linie der Reichsschutzstellung bei Lutzmannsburg wird ohne Probleme überwunden. Das in diesem Abschnitt für den Einsatz vorgesehene Volkssturmbataillon Lilienfeld kam ohne Waffen und wurde wieder nach Hause geschickt. Die ohnehin nur geringen Kampfwert besitzende Stellungslinie kann nun problemlos von Süden nach Norden aufgerollt werden und wird damit gänzlich wertlos.
Die 6. Panzerarmee erhält von Hitler die schon lange beantragte Genehmigung zur Rücknahme auf die Reichsschutzstellung und den Auftrag diese unter allen Umständen zu halten sowie ein Eindringen der Roten Armee auf deutsches Reichsgebiet zu verhindern. Dass dies zu diesem Zeitpunkt bereits geschehen ist will man in Berlin nicht wahrhaben.
Die Lücke zwischen den 6. Armee und der 6. Panzerarmee beträgt 30 Kilometer und reicht vom Geschriebenstein bis knapp an das Südende des Neusiedlersses. Um diese zu schließen werden der 6. Panzerarmee die Kampfgruppe Keitel (37. SS-Kavalleriedivision), die 356. Infanteriedivision, das Polizeiregiment Wien sowie die Fahnenjunkerschule unterstellt.
Die Lehrgruppe II (Bataillon Holzapfel) der Fahnenjunkerschule erhält den Auftrag die Bewegungslinien durch die Bucklige Welt zu überwachen und ein Vordringen der Sowjets zu verzögern sowie die Leitha-Übergänge bei Walpersbach, Lanzenkirchen und Erlach zu verteidigen.
Die Lehrgruppe I (Bataillon Widmer) hat sich vorerst am Gelände der Schule für weitere Aufträge bereitzuhalten und bezieht entlang der Akademieparkmauer Stellungen.
Hptm Hofer, der Adjudant des Schulkommandanten, wird zum "Kampfkommandanten von Wiener Neustadt" ernannt. Ihm obliegt damit die Aufgabe der Organisation der Verteidigung der Stadt. Neben den Fahnenjunkern stehn ihm zwei Bataillone des Polizeiregimentes Wien dafür zur Verfügung.
In den späten Abendstunden erfolgt der erste sowjetische Bombenangriff auf Wiener Neustadt.
Um 19.40 Uhr beginnend greifen 25 Bomber des Typs B-25 in zwei Wellen aus nur geringer Höhe die Eisenbahnanlagen an. Nach den amerikanischen Angriffe gibt es nichts mehr zu zerstören. Es werden daher nicht einmal mehr Aufzeichnungen über Schäden geführt.
30. März 1945 - Karfreitag
Fahnenjunker im Gefecht
Die 6. Panzerarmee hat den Zusammenhang verloren. Die beiden Korps sind durch den Neusiedlersee getrennt. Während das II. SS-Panzerkorps verfolgt von der 46. Armee auf die Brucker Pforte zurückgeht, steht das I. SS-Panzerkorps mit seinen drei Divisionen - oder besser das, was davon noch übrig ist - in einer Linie vom Südende des Neusiedlersees bis Nikitsch und versucht den Vorstoß der 4. Gardearmee auf Sopron abzuwehren.
Die 6. Gardepanzerarmee setzt in den Morgenstunden ihren Angriff fort.
Das V. Garde-mechKorps greift entlang der Straße Oberpullendorf - Mattersburg an. Trotz Gefechten an jedem Ortseingang stehen die Russen am Abend in Sieggraben.
Von Unterpullendorf aus wird in Richtung Horitschon angegriffen. Bei Kleinwarasdorf kommt es zu heftigen Gefechten mit den durch drei FlAk-Batterien verstärkten deuschen Truppen. Dennoch stehen die Russen um 18.00 Uhr in Horitschen. Die Deutschen haben sich in das Ödenburger Bergland abgesetzt. Das Volksstum-Bataillon Wiener Neustadt wurde bei den Kämpfen aufgerieben.
Das IX. Garde-mechKorps dringt über Lockenhaus ins Zöbernbachtal und dort bis Pilgersdorf vor. Durch das Rabnitztal kommend werden um 17.00 Uhr Kirchschlag in der Buckligen Welt und Schönau kampflos besetzt.
Gefecht um Wiesmath
Russische Aufklärung wird in Richtung Hollenthon und Wiesmath angesetzt. Am südlichen Ortsrand von Wiesmath ist eine Kompanie der Fahnenjunker in Stellung. Verstärkt sind sie durch drei Panzerabwehrkanonen sowie einen Granatwerfer, der hinter der Kirche St. Anna in Stellung ist. Gefechtsvorposten befinden sich beim Sperkerriegel. Um 18.00 Uhr taucht der erste sowjetische Spähtrupp am Sperkerriegel auf. Im nächtlichen Kampf halten die Fahnenjunker erfolgreich ihre Stellungen.
Im Gegensatz dazu erreichen die Russen um 15.00 Uhr kampflos Lichtenegg und um 20.45 Uhr Hollenthon.
Einsatz der Lehrgruppe II (Bataillon Holzapfel)
Auch die 8. Inspektion unter Hauptmann Koch, die in Lanzenkirchen beiderseits der Brücke in Stellung ist, und die 6. Inspektion (Hauptmann Ruhl) an der Leitha-Brücke in Frohsdorf, stehen am Nachmittag bereits im Feuerkampf mit russischen Aufklärungskräften.
Die 7. Inspektion (Hauptmann Vogler) hat sich mit einem Zug beim Ziegelwerk an der Straße von Walperbach nach Bromberg zur Verteidigung eingerichtet. Der Rest der Kompanie hat eine von Walpersbach über Schleinz nach Ofenbach führende Sicherungslinie bezogen.
Die 5. Inspektion unter Hauptmann Kirchschläger hat Stellungen am Ortsrand von Erlach gegen Süden und Westen bezogen.
Fliegeralarm
Mittags werfen vier US-Bomber 400 Stück 100-Pfund Bomben auf den Verschubbahnhof ab. Das eigentliche Ziel war der Nordbahnhof in Wien. Wiener Neustadt hat als Ausweichziel gedient. Es ist dies der letzte Angriff von US-Bombern auf Wiener Neustadt.
Kurz darauf wieder Fliegeralarm: 15 sowjetische Jagdflugzeuge vom Typ Jak3 sind über der Stadt. Die Jäger sind auf der Suche nach deutschen Schlachtflugzeugen, die die Abwehrkämpfe bei Sieggraben unterstützen.
In Wiener Neustadt wird ob der näherrückenden Front die Evakuierung angeordnet.
31. März 1945
Lage im Großen
Die 6. Panzerarmee errichtet ihren Gefechtsstand in der Burg zu Wiener Neustadt.
Die 1. SS-Panzerdivision geht über Sopron auf Mattersburg zurück. Zwischen der 12. SS-Panzerdivision und der 3. SS-Panzerdivision gelingt den Russen ein Einbruch und sie stoßen bis nach Deutschkreutz durch. Ein erfolgreich geführter Gegenstoß verhindert die Einschließung und ermöglicht ein Absetzen nach Sopron. Als Verstärkung sind die ersten Teile der 356. Infanteriedivison eingetroffen.
Das V. Garde-Panzerkorps greift von Sieggraben weiter nach Norden an. Nach heftigen Kämpfen bei Marz wird Mattersburg in Besitz genommen.
Fahnenjunker im Gefecht
Die Fahnenjunker in Wiesmath haben die Nacht über erfolgreich ihre Stellungen gehalten. Von Hollenthon aus sind die Russen jedoch weiter nach Norden vorgegangen und erreichen um 03.00 Uhr Bromberg. Auf Grund der drohenden Umfassung müssen die Fahnenjunker die Stellungen nun aufgeben und setzen sich um 04.00 Uhr ab nach Norden ab. Um 07.00 Uhr besetzen die Russen die Ortschaft. 14 Fahnenjunker sowie 19 russische Soldaten sind beim Gefecht um Wiesmath gefallen.
Thernberg wird um 16.00 Uhr besetzt. Bei Außerschildgraben kommt es zu einem kurzen Gefecht, bei dem vier deutsche Soldaten fallen. Am Abend wird Scheiblingkirchen besetzt.
Die Soldaten des XXXVII. Garde-Schützenkorps der nun links zur Abschirmung der Flanke eingesetzten 9. Gardearmee gehen von Krumbach Richtung Edlitz vor. Auf der Anhöhe "Weisses Kreuz" eingesetzte Fahnenjunker liefern ihnen einen 70 Minuten dauernden Kampf. Sieben Fahnenjunker fallen in diesem Gefecht. Die Russen erreichen um 14.00 Uhr Edlitz, am Abend wird Grimmenstein besetzt. Weiter südlich wird Aspang erreicht. Aufklärungsspähtrupps sind bereits in St. Corona am Wechsel.
Die in Lanzenkirchen eingesetzte 8. Inspektion wehrt in der Früh erfolgreich ein Angriff der Russen ab.
Fliegeralarm
39 Jagdbomber vom Typ P-38 greifen am Vormiitag den Fliegerhorst und die Bahnanlagen von Wiener Neustadt sowie die an der Leitha in Stellung befindlichen deutsche Truppen an.
Zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr greifen 13 russische Jagdbombervom Tp Po2 an. Die Masse der abgeworfenen Bomben schlägt im südlichen Teil der Stadt ein. Die dabei entstandenen Brände können nicht gelöscht werden, weil einerseits die Wasserversorgung nicht mehr funktioniert und andererseits in der Stadt keine Kräfte und kein Gerät zum Branddlöschen mehr vorhanden sind.
In Wiener Neustadt ist der Lärm der Gefechte an der Leitha und bei Mattersburg zu hören und lässt die noch in der Stadt verbliebene Bevölkerung das Schlimmste erahnen.
1. April 1945 - Ostersonntag
Einsatz der Fahnenjunker zur Verteidigung der Leitha-Übergänge
Lage im Großen
Am linken Flügel der 6. Panzerarmee steht das II. SS-Panzerkorps zwischen dem Neusiedlersee und Pressburg.
Am rechten Flügel erreicht von Ödenburg aus die 4. Gardarmee in der Früh Klingenbach. An der Wulka wird nur kurz Widerstand geleistet. Das I. SS-Panzerkorps wird bis auf die Leitha zurückgedrängt. Abends stehen die russischen Angriffsspitzen in der Linie Ebenfurth - Hornstein. Ebenso werden Mörbisch, Rust und Oggau besetzt. Das was von der 3. SS-Panzerdivision noch über ist, geht zwischen dem Neusiedlersee und dem Leithagebirge zurück.
Zur Abschirmung gegen die Steiermark entfaltet sich die 9. Gardearmee. Von Aspang aus erreicht das XXXVII. Garde-Schützenkorps Kirchberg am Wechsel. Einerseits über Raach, andererseits über Kranichberg weiter vorgehend wird zu Mittag Gloggnitz erreicht und damit die Südbahnstrecke unterbrochen. Eine dritte Stoßrichtung der russischen Truppen führt von Warth über Haßbach, Penk und Köttlach ebenfalls nach Gloggnitz. Der weitere Vorstoß Richtung Semmering und zum Preiner Gescheid wird bei Klamm bzw. vor Reichenau von deutschen Truppen abgefangen.
Das XXXVIII. Garde-Schützenkorps besetzt von Scheiblingkirchen aus kommend Neunkirchen.
Das XXXIX. Garde-Schützenkorps stößt über Seebenstein und Breitenau in den Föhrenwald zum Bahnhof St. Egyden vor. Ebenso werden, Neunkirchen im Norden umgehend, Raglitz, Würflach und Neusiedl am Steinfeld besetzt.
Zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr erfolgt ein russischer Tieffliegerangriff. 24 Maschinen vom Typ Il2 fliegen Einsätze zur taktischen Luftunterstützung.
In Wiener Neustadt wird der Fliegerhorst geräumt. Alles was nicht abtransportiert werden kann, wird zerstört.
Im Föhrenwald wird die dort gelagerte Munition gesprengt.
Kämpfe der Fahnenjunker an der Leitha
Nach dem missglückten Versuch am 31. März die Übergänge über die Leitha bei Lanzenkirchen in Besitz zu nehmen, wird das IX. Garde-mechKorps durch die 99. Garde-Schützendivision der 9. Gardearmee verstärkt.
Aus dem Leidingbachtal kommend greifen um 06.00 Uhr die Russen mit 12 Sherman- und sieben T-34-Panzern unterstützt Richtung Walpersbach an. Vier Panzer werden vernichtet. Danach setzt sich der in der Ziegelei eingesezte Zug der 7. Inspektion nach Walpersbach ab. Die Stellungen am Ortsrand können gehalten werden.
In der Nacht bricht die Kompanie das Gefecht ab. Der Folgeauftrag lautet beim Gutshof im Föhrenwald Stellung zu beziehen und die von Schwarzau nach Wiener Neustadt führende Straße (heute B54) zu sperren. Da die Fahnenjunker feststellen, dass der Gutshof bereits feindbesetzt ist, setzen sie sich über den Verschubbahnhof und Weikersdorf nach Bad Fischau ab.
Die 8. Inspektion in Lanzenkirchen wehrt den dritten, diesmal mit Panzer- und Artillerie-Unterstützung durchgeführten, Angriff der Russen ab. Auf Grund der bevorstehenden Umfassung im Süden wird zu Mittag das Gefecht abgebrochen. Die Fahnenjunker setzen sich vorerst in den Föhrenwald und in der Nacht weiter nach Bad Fischau ab. Die von Neunkirchen nach Wiener Neustadt führende Straße (heute B17) ist bereits unter Kontrolle der Russen. Eine Lücke in den russischen Kolonnen wird genutzt um die Straße zu übersetzen.
Bei den Kämpfen der 6. Inspektion um die Leitha-Brücke in Frohsdorf fallen 37 deutsche, 15 ungarische sowie 30 russische Soldaten.
Um 08.00 Uhr steht die 5. Inspektion in Erlach im Abwehrkampf. Hauptmann Kirchschläger wird dabei am linken Bein verwundet. Die Fahnenjunker ziehen sich langsam Richtung Ortmitte zurück. Zu Mittag wird um die Brücke über die Pitten gekämpft. Am Nachmittag bricht die Kompanie das Gefecht ab und setzt sich nach Winzendorf ab. Beim Gefecht in Erlach fallen 32 Fahnenjunker.
Am Nachmittag werden Lanzenkirchen, Frohsdorf und Katzelsdorf von den Russen besetzt. Damit steht das IX. Garde-mechKorps der 6. Garde-Panzerarmee im Steinfeld.
Das V. Garde-Panzerkorps besetzt von Mattersburg aus kommend Sauerbrunn und stößt bis nach Neudörfl vor.
Der Kampf um Wiener Neustadt ist entbrannt!
Einsatz der Lehrgruppe I
Die Lehrgruppe I (Bataillon Widmer) hat Verteidigungsstellungen vom Eisenbahnübergang an der Straße Wiener Neustadt - Schwarzau (heute B54) entlang des Bahndamms der Mattersburgerbahn und weiter entlang der Akademieparkmauer bis zur Neudörflerstraße bezogen. Anfänglich sind in der Verteidigungslinie rechts die 3. Kompanie (Oberleutnant Menzel) und die 1. Kompanie (Olt Wagner) links eingesetzt. Die 2. Kompanie (Oberleutnant Franke) ist Gefechtsvorposten im Föhrenwald auf Höhe der Waldschule. Die 4. Kompanie hat mit ihren Granatwerfern (ein mitllerer und zwei schwere) einen Feuerstellungsraum im AKademiepark bezogen. Der Bataillonsgefechtsstand befindet sich im Fohlenhof. Zusätzliche Ausrüstung und Waffen übernehmen die Fahnenjunker von zurückfließenden Teilen.
Untertützung erhält das Bataillon durch die 3. Kompanie des 1. SS-Panzerregimentes der 1. SS-Panzerdivision. Diese Kompanie hat gerade zehn neue Panzer IV am Bahnhof von Wiener Neustadt übernommen. Gemeinsam mit vier Panzer V (Panther) der Panzer- Ersatz- und Ausbildungsabteilung 4 werden diese nun in die Abwehrstellungen eingebunden. Der Panther-Panzerzug bezieht Stellung an der Neudörflerstraße. Die restlichen Panzer werden an den Straßen Richtung Süden und Südosten eingesetzt.
Auf Grund der stärker werdenden Bedrohung aus Osten, erhält die 2. Kompanie den Auftrag die Leitha-Brücke bei Katzelsdorf zu sichern. Eine neu formierte 5. Kompanie unter Leutnant Wollinsky geht an der Leitha-Brücke an der Neudörflerstraße in Stellung.
In der Früh hat die Lehrgruppe I den Auftrag erhalten die Lehrgruppe II zu unterstützen. Der Anmarsch der 1. und 3. Kompanie durch den Föhrenwald wird durch die Sprengung der dortigen Munitionslager unmöglich. Ein zweiter Versuch am frühen Nachmittag über der Verschubbahnhof ausholend, scheitert wegen des russischen Tieffliegerangriffes. Am Abend erreicht die 3. Kompanie schließlich den Waldrand westlich Lanzenkirchen. Da die Leitha-Brücke aber bereits in Besitz der Russen ist, ziehen sich die Fahnenjunker wieder nach Wiener Neustadt zurück.
Die 2. Kompanie kann sich vor einer Einschließung in Katzelsdorf nur die Leitha durchschwimmend retten.
In der Nacht wird der Gefechtsstand der Fahnenjunkerschule von der Burg nach Weikersdorf verlegt. Die Versorgungsteile gehen nach Pernitz.
2. April 1945
Der Kampf um Wiener Neustadt
In den Morgenstunden treten die Verbände der 6. Gardepanzerarmee weiter an.
Kampfgruppe Groß
Im Westen der Stadt ist das IX. Garde-mechKorps inzwischen über Weikersdorf bis Bad Fischau vorgedrungen. Die dort eingesetzten Teile der Kampfgruppe Groß werden auf die Hohe Wand zurückgedrängt.
Die Kampfgruppe Groß war aus versprengten Teilen der 12. SS-Panzerdivision aufgestellt worden. Hinzu kamen neben anderen Versprengten auch die Lehrgruppe II (Bataillon Holzapfel) der Fahnenjunkerschule, bis kurz zuvor auf dem Fliegerhorst Dienst versehende Luftwaffenangehörige sowie Teile des Polizeiregimentes Wien.
Lehrgruppe I (Bataillon Widmer)
Von Süden und Südosten versuchen Teile der 99. und der 107. Garde-Schützendivision unterstützt von Panzern des IX. Garde-mechKorps in die Stadt einzudringen. Unterstützt werden die Angreifer durch Bomber und Schlachtflugzeuge der Typen Po2 und Il2.
Es kommt es zu schweren Kämpfen mit den hier eingesetzten Fahnenjunkern und der SS-Panzerkompanie.
Die nun als Reserve bereitgehaltene 3. Kompanie erhält den Auftrag zur Wiederinbesitznahme der Leitha-Brücke an der Neudörflerstraße und wird dazu mit einem Panzer IV verstärkt sowie durch zwei schwere Granatwerfer unterstützt. Es gelingt der Abschuss von drei Shermann-Panzern. Die feindliche Überlegenheit und vor allem die fehlenden Möglichkeiten für eine gedeckte Annäherung zwingen jedoch zum Abbruch des Angriffes.
Auf Grund der drohenden Umfassung und um einen verlustreichen Häuserkampf zu vermeiden ergeht um 07.00 Uhr der Befehl an die Lehrgruppe I zum Absetzen nach Theresienfeld. Um 09.00 Uhr beginnend brechen die Fahnenjunker unter Feindfeuer das Gefecht ab und ziehen sich unter Verlusten zurück. Um 13.00 Uhr ist die Lehrgruppe in Theresienfeld versammelt und erhält den Auftrag einen neuen Sammelraum in Steinabrückl zu beziehen, wo sie um 16.00 Uhr eintrifft. In weiterer Folge verteidigt die Lehrgruppe I den Eingang zum Piestingtal am ostwärtigen Ortsrand von Wöllersdorf. Die 3. Kompanie (vereint mit der 5. Kompanie) geht von den Steinbrüchen südlich der Ortschaft bis zum Bahnhof in Stellung. Im Anschluss daran bis zum Friedhof die 1. Kompanie und im linken Bereich bis ins das Waldgelände nördlich der Piesting die 2. Kompanie. Die 4. Kompanie ist mit ihren Granatwerfern am Westausgang von Wöllersdorf in Stellung. Am 3. April um 09.00 Uhr wird die Lehrgruppe I durch das II. Bataillon des SS-Panzergrenadierregimentes 2 der 1. SS-Panzerdivision abgelöst. Danach ist die Lehrgruppe I bis zum 6. April im Waldgelände südwestlich Wöllersdorf bis Dreistetten eingesetzt.
Führungsgrundsatz Überraschung
Den Absetzbefehl nicht erhalten hat die SS-Panzerkompanie. Ohne Infanterieschutz sind die Stellungen nicht mehr zu halten. Der an der Neudörflerstraße in Stellung befindliche Panther-Zug der Panzer-Ersatz- und Ausbildungsabteilung 4 hat alle Munition verschossen. Kraftstoffmangel verhindert ein Absetzen. Die Besatzungen zerstören daher die Panzer und flüchten in Richtung Theresienfeld.
Die Sowjets sind inzwischen von Osten durch den Akademiepark bis zur Burg vorgedrungen. Kompaniechef SS-Obersturmführer Sternebeck entschließt sich das Überraschungsmoment zu nutzen. Mit den noch vorhandenen acht Panzern bricht er das Gefecht ab und fährt in voller Fahrt am überraschten Feind vorbei gegen Norden.
Am Nordrand von Theresienfeld angelangt, erkennt Sternebeck wie am Südrand von Felixdorf eine sowjetische Panzerabwehrkanonen-Kompanie mit sechs Geschützen in Stellung geht. Ein zweites Mal das Überraschungsmoment nutzend, eröffnet die Kompanie das Feuer und vernichtet den Gegner.
Da der weitere Absetzweg nach Norden unmöglich ist, wendet sich die Kompanie nach Westen. Auf Höhe Steinabrückl erkennt Sternebeck eine vom Flugfeld Richtung Norden vorgehende Panzerkompanie. Aus einer flankierenden Stellungen werden 10 bis 12 Feindpanzer ohne eigene Verluste vernichtet. Danach setzt sich die Kompanie ins Piestingtal ab.
29. Luftangriff
Um 09.50 Uhr erfolgt der 29. und letzte Luftangriff auf Wiener Neustadt. Insgesamt 34 US-Jagdbomber vom Typ P-38 bekämpften nicht nur deutsche Jagdflugzeuge sondern auch Bodenziele. Eine abgeworfene Bombe trifft vor der Burg eine deutsche Fahrzeugkolonne und tötet 27 Soldaten.
Inbesitznahme der Stadt
Am frühen Nachmittag wird Wiener Neustadt von den Soldaten der Roten Armee vollständig in Besitz genommen. Sie kommen in eine schwer zerstörte und entvölkerte Stadt. Von einst mehr als 45.000 Einwohnern sind nur 900 in der Stadt verblieben. Diese harren in Bunkern, Luftschutzkellern oder Dachböden versteckt aus und hoffen auf ein Überleben. Dazu kommen noch 350 Fremdarbeiter sowie 200 internierte ungarische Juden.
56.611 Bomben unterschiedlichster Kaliber waren in Zeitraum von August 1943 bis April 1945 auf die Stadt abgeworfen worden. 135 Mal wurde Fliegeralarm ausgelöst und zwang die Bevölkerung in die Luftschutzkeller. 29 Mal erfolgte ein Angriff auf die Stadt. Von 4.196 Gebäuden sind 1.060 total zerstört und 1.450 schwer oder mittelschwer beschädigt.
Der Luftkrieg forderte 502 zivile Opfer. 106 Personen gelten als vermisst. Ebenso starben in Folge der Luftangriffe 161 Soldaten sowie 131 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.
Beim Kampf um Wiener Neustadt fallen 238 deutsche sowie 530 sowjetische Soldaten. 132 werden vermisst.
Am Gelände der Fahnenjunkerschule zählt man 262 Bombentreffer. Das bei den Kämpfen um die Stadt am 2. April ausgebrochenen Feuer in der Burg lodert acht Tage lang.
Damit endet für Wiener Neustadt der 2. Weltkrieg, die mehr als zehnjährige Besatzungszeit beginnt und vor allem auch der Wiederaufbau Wiener Neustadts! Bis September 1946 werden 30.000 Tonnen Schutt weggeräumt werden. Im Juli 1946 beginnt der Wiederaufbau der Burg.
Quellen/weiterführende Literatur
- Georg Maier "Drama zwischen Budapest und Wien"
- Manfried Rauchensteiner "Der Krieg in Österreich ´45"
- Markus Reisner "Bomben auf Wiener Neustadt"
- Friedrich Brettner "Die letzten Kämpfe des II. Weltkrieges im südlichen Niederösterreich"
- Hans Egger, Franz Jordan "Brände an der Donau"
- Rudolf F. Marwan-Schlosser "Kasernen - Soldaten - Ereignisse"
- Johann Christoph Allmayer-Beck "Militärakademie - Kriegsschule - Fahnenjunkerschule"
- Hubert Zeinar "Alma Mater Theresiana"
- Gustav Holzmann "Der Einsatz der Flak-Batterien im Wiener Raum 1940 - 1945"